Die heutige EZB-Sitzung wurde als Platzhalter deklariert, und das war sie auch. Ich hatte angesichts der besseren Inflationsentwicklung und der ausbleibenden Eskalation des Krieges in der Ukraine mit einem hawkisheren Ton gerechnet.
Christine Lagarde hat sich jedoch auf der heutigen Pressekonferenz sehr zurückhaltend gezeigt. Für die Vertreter der „Falken“ gab es einige Kommentare, die in diese Richtung tendierten – wenn man genau hinhörte. Lagarde machte deutlich, dass die EZB-Definition von „einige Zeit“ von einer Woche bis zu Monaten reichen könne. Dies bezieht sich auf die Zeitspanne zwischen der Beendigung der Ankäufe von Vermögenswerten und der Anhebung der Zinssätze und könnte dazu führen, dass die Zinssätze bereits im Juli angehoben werden, sollten die Ankäufe im Juli eingestellt werden. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Aufwärtsentwicklung der Inflation zu beachten sei. Allerdings deuteten weder die Pressekonferenz noch die Erklärung darauf hin, dass die EZB eine Änderung ihres derzeitigen Plans für notwendig erachtet.
Alles in allem hält die EZB an ihrem im März vorgestellten Programm fest. Die EZB reduziert ihre Käufe und wird sie wahrscheinlich irgendwann im dritten Quartal 2022 beenden, wobei eine Zinserhöhung später im Jahr 2022 möglich ist. Der nächste wichtige Meilenstein werden die Prognosen der Experten im Juni sein, auf deren Grundlage die EZB ihr Konzept entsprechend überarbeiten und anpassen wird.