2024 war das Jahr, in dem die Anleger einen Regimewechsel in der japanischen Wirtschaft wahrnahmen. Dies spiegelte sich im Nikkei 225 Average Index wider, der im März seinen Höchststand nach rund 35 Jahren erreichte.
Entgegen der anfänglichen Marktmeinung setzte sich die milde Inflation fort, wobei die Verbraucherpreisinflation (CPI) weiterhin über dem Inflationsziel der Bank of Japan von 2 % lag. Dies führte im März zu der Entscheidung, die acht Jahre andauernde Nullzinspolitik zu beenden. Es folgte eine Zinserhöhung im Juli, und weitere Erhöhungen sind zu erwarten. Japans strukturelles Problem des Arbeitskräftemangels deutet darauf hin, dass Lohnsteigerungen und eine leichte Inflation anhalten können.
Gamechanger: Zinserhöhungen und verbesserte Corporate Governance
Die Rückkehr Japans zu „einer Welt mit positiven Zinssätzen“ nach fast zwei Jahrzehnten Abstinenz hat zunächst das Investitionsverhalten der Unternehmen verändert. Das Aufschieben von Investitionsentscheidungen war zu einem Risiko geworden. Jetzt steigen diese trotz Rekordinvestitionen weiter an, vor allem durch Investitionen zur Produktivitätsverbesserung. Außerdem glauben wir, dass dies 2025 auch zu bedeutenden Veränderungen im Verbraucherverhalten führen könnte, da Preiserhöhungen für die Verbraucher nun akzeptabler und als Norm anerkannt werden.
Die Reform der Corporate Governance ist ein langjähriger Schwerpunkt. 2023 wirkten sich die von der Tokioter Börse initiierten Verbesserungen positiv auf den Gesamtmarkt aus. 2024 sahen wir eine proaktivere Haltung von führenden Unternehmen. So kündigte beispielsweise der Sach- und Unfallversicherungssektor an, dass alle Überkreuzbeteiligungen (Beteiligungen an anderen börsennotierten Unternehmen) innerhalb von fünf Jahren aufgelöst werden sollen. Die Erlöse sollen zur Finanzierung von Aktienrückkäufen sowie Fusionen und Übernahmen verwendet werden, was ein nachhaltiges Wachstum der Gewinne und Dividenden je Aktie (EPS und DPS) unterstützen wird. Bisher waren die Versicherungsprämien nicht angemessen bepreist. Mit der Auflösung der Überkreuzbeteiligungen sind die Prämien höher, können aber die Risiken besser abdecken.
Derartige Initiativen sind vor allem in regulierten Sektoren wie dem Finanzsektor zu beobachten, aber auch in anderen Branchen ist die Suche nach der optimalen Kapitalstruktur üblich geworden. Dies ist insofern bemerkenswert, als Japans beziehungsbasierte Wirtschaft durch Zusammenschlüsse und Überkreuzbeteiligungen zu Ende geht, was die Wirtschaft in eine gewinnmaximierende Wirtschaft transformiert.
Der Zusammenbruch des japanischen Aktienmarktes im August 2024 war bemerkenswert. Der Risikoappetit des Marktes hat sich von den Folgen noch nicht vollständig erholt – und das bietet Chancen für Stockpicking. Mehrere Faktoren trugen dazu bei, aber die übermäßigen Short-Positionen in China-bezogenen Aktien und die Long-Positionen in japanischen Aktien spielten eine große Rolle. Der Jahresertrag bis zum Höchststand kurz vor dem Absturz betrug ca. 18 % und lag damit deutlich über dem für das Jahr prognostizierten EPS-Wachstum von etwa 8 % und der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) des TOPIX von ca. 14 % seit 2012 (dem Beginn der Abenomics). Die Marktschwäche kann im Nachhinein auch als Korrektur übermäßiger Trades verstanden werden.[1] Der Jahresertrag bis Mitte Dezember (15. Dezember 2024) nach Überwindung des Absturzes betrug trotz der hohen Volatilität und des Rückgangs im August 16 %.[2]
Schwerpunkt auf Qualität und idiosynkratischen Chancen ist entscheidend
Für Japan sehen wir das größte Risiko im Jahr 2025 in der Gefahr, dass sich die moderate wirtschaftliche Erholung nach jahrzehntelanger Stagnation verlangsamen und die Stimmung in der Wirtschaft und bei den Anlegern verschlechtern könnte. Die Gewinnwachstumsrate des japanischen Marktes für 2025 dürfte im hohen einstelligen Bereich liegen. Während der Markt davon ausgeht, dass der Finanzsektor dieses Wachstum anführen wird, könnte es jedoch im verarbeitenden Gewerbe zu einer deutlichen Verlangsamung kommen. Sollte sich der Umsatz verlangsamen, könnte dies Auswirkungen auf die Gewinne haben, da die Kosten nicht schnell gesenkt werden können.
Im Gegensatz zu früheren Zyklen – normalerweise ohne Zinssenkungen bei guter Konjunktur – haben die Zinssenkungen bereits begonnen, und die Auswirkungen dürften ab Mitte 2025 spürbar werden. Darüber hinaus wird im Vergleich zu den letzten Jahren das Rezessionsrisiko als steigend eingeschätzt. Aktive Anleger sollten sich bei der Aktienauswahl daher eher auf Qualität und idiosynkratische Chancen konzentrieren als auf den Markt.
Die japanische Wirtschaft ist nicht mehr das exportabhängige Wirtschaftsmodell, das sie einmal war. Viele Unternehmen betreiben ihre Geschäfte nun auch im Inland und haben damit die Wechselkurseinflüsse auf die Gewinne verringert. Die an der Tokioter Börse notierten Unternehmen erzielen jedoch nach wie vor fast die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland und sind daher weiterhin an die Geschicke der Weltwirtschaft gebunden.
Japanische Aktien können gewisse Widerstandsfähigkeit bieten
Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Bewertungen japanischer Aktien im Vergleich zu globalen Aktien und der laufenden Governance-Reformen, die zu einer Verbesserung der Eigenkapitalrendite beitragen, erwarten wir jedoch, dass der Markt ein gewisses Maß an Robustheit zeigen wird. Daher sind wir der Ansicht, dass japanische Aktien eine attraktive Risiko- und Renditeanlageklasse darstellen, die eine Allokation in einem diversifizierten Portfolio verdient – insbesondere in Unternehmen, die an globalen Märkten und globalem Wachstum teilhaben.