DGP – Neue Forschungsdaten zeigen, dass Frauen mit einer früheren Menarche, einer späteren Menopause und einer längeren reproduktiven Lebensspanne ein geringeres Ausmaß an Gehirnalterung aufweisen. Dies deutet auf eine mögliche schützende Wirkung von Östrogen hin, auch wenn die beobachteten Effekte eher klein waren und weiterer Forschungsbedarf besteht.
Der Übergang in die Menopause ist durch einen allmählichen Rückgang des Östrogenspiegels gekennzeichnet. Gleichzeitig steigt bei Frauen das Risiko für Demenz um die Menopause herum, weshalb angenommen wird, dass Östrogen eine Rolle bei der Entwicklung von Demenz und anderen altersbedingten Erkrankungen des Gehirns spielt. Studien mit Tiermodellen haben gezeigt, dass Östrogen die synaptische Plastizität fördert, die Bildung neuer Nervenzellen unterstützt und vor oxidativem Stress sowie neuroinflammatorischen Prozessen schützt. Diese Mechanismen sind entscheidend für die Erhaltung der Gehirngesundheit und die Abschwächung altersbedingter Veränderungen im Gehirn.
Einfluss des Östrogenspiegels auf die Gehirnalterung von Frauen?
Eine Forschergruppe aus Schweden, Norwegen und Deutschland untersuchte den Zusammenhang zwischen Gehirnalterung und Ereignissen, die mit Östrogen in Verbindung stehen, wie Menarche und Menopause. Hierfür nutzten sie ein etabliertes Verfahren des maschinellen Lernens (BrainAGE-Index), um Daten von 1 006 Frauen nach der Menopause auszuwerten, die 2-mal im Abstand von etwa 2 Jahren mittels Magnetresonanztomographie des Gehirns untersucht wurden. Auf Basis eines Trainingsdatensatzes bestimmte die Studie den BrainAGE-Index für die untersuchten Frauen als Differenz zwischen tatsächlichem (chronologischem) und Gehirnalter. Der BrainAGE-Index ist negativ, wenn ein Gehirn als jünger als das chronologische Alter eingeschätzt wird, und positiv, wenn das Gehirn älter geschätzt wird.
Beobachtungsstudie mit über 1 000 Frauen nach der Menopause
Die Forscher stellten fest, dass Frauen mit einer früheren Menarche, einer späteren Menopause und einer insgesamt längeren reproduktiven Lebensspanne weniger Anzeichen von Gehirnalterung zeigten.
In der Querschnitts-Analyse zeigte sich, dass für jedes Jahr, das Frauen bei der Menarche jünger waren, ihr Gehirn als 0,32 Jahre jünger eingeschätzt wurde. Waren Frauen bei Eintritt der Menopause ein Jahr älter, wurde ihr Gehirn um 0,1 Jahr jünger eingeschätzt.
In der longitudinalen Analyse konnte ein ähnlicher Effekt gesehen werden: Frauen, die ein Jahr jünger die Menarche erreichten, hatten im Schnitt ein um 0,08 Jahre jüngeres Gehirn. Frauen, die ein Jahr älter in die Menopause eintraten, hatten im Schnitt ein um 0,06 Jahre jüngeres Gehirn. Die Effekte fanden sich demnach sowohl in einmaligen Messungen als auch über die Zeit hinweg.
Zusammenhang zwischen reproduktiver Lebensspanne und Gehirnalterung
Das Gehirnalter ist demnach mit der Dauer der reproduktiven Lebensspanne assoziiert. Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass Östrogen schützende Eigenschaften besitzt und zur Erhaltung der Gehirngesundheit beiträgt. Bei der Interpretation der Studie weisen die Wissenschaftler auf einige Einschränkungen hin. Die Unterschiede waren zwar messbar, aber nicht sehr stark. Zudem wurde der Östrogenspiegel nicht gemessen, es könnten zudem andere Faktoren eine Rolle bei der Gehirngesundheit gespielt haben. Künftige Studien sollten deshalb direkte Messungen von Östrogen und anderen Hormonen einbeziehen. Außerdem sollten genetische Veranlagungen und Lebensstilfaktoren berücksichtigt werden, um ein umfassenderes Bild vom Einfluss des Östrogens auf das Gehirn zu gewinnen.
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