Verhandlungen bilden ohne Frage einen essenziellen Bestandteil des beruflichen Alltags, sei es im Einkauf, im Vertrieb oder auch in der Projektarbeit. „Dabei erfordert die Führung einer solchen aber nicht nur eine gründliche Vorbereitung, sondern oftmals auch die individuelle Anwendung von spezifischen Strategien oder auch entsprechenden Techniken“, erklärt Ralf Elcheroth, Geschäftsführer der Negtar GmbH und Experte für Verhandlungen.
„Niemand verlässt den Raum gerne als Verlierer oder hat am Schluss das Nachsehen. Daher erweist sich vor allem ein Win-win-Abschluss oft als die erste angestrebte Lösung.“ So können beide Parteien ihren Vorteil aus der Verhandlung ziehen. Diese Herangehensweise basiert auf der Überzeugung, dass beide Seiten durch Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis langfristige und nachhaltige Ergebnisse erzielen können. Daher lohnt es sich, diese Verhandlungstechnik einmal näher anzusehen und in ihre Einzelteile zu zerlegen. Manch einer kann hier auch auf praxisnahe Simulationen von verschiedenen Szenarien zurückgreifen, um sich später in der echten Verhandlung sicherer zu fühlen.
Beide Seiten im Fokus
Grundlegend zielt eine Win-win-Lösung darauf ab, durch das Ergebnis für beide Parteien einen Mehrwert zu schaffen, anstatt schlussendlich eine Seite als Gewinner und die andere als Verlierer dastehen zu lassen. Somit geht es vor allem um Kooperation zwischen den einzelnen Parteien und die Suche nach einer gemeinsamen Problemlösung. Beide müssen die zugrunde liegenden Interessen und Bedürfnisse der Gegenseite in Detail verstehen. Also anstatt nur verschiedene Positionen zu diskutieren, gilt es das Gegenüber in seinen Wünschen wahrzunehmen. „In der Regel finden solche Gespräche zwar auf der rhetorischen Sachebene statt und es kommt darauf an, Gefühlsausbrüche möglichst zu vermeiden, aber trotzdem sollten Betroffene diese auch nicht mutwillig unterdrücken“, weiß der Experte. Gut erklären lässt sich dieses Prinzip an einem einfachen Beispiel aus dem Arbeitsalltag.
Aufeinander zugehen statt abblocken
Wenn ein Einkäufer mit einem Lieferanten über die Preise für Rohmaterial verhandelt, kann Ersterer, statt nur auf einen intern festgelegten Preis zu beharren, nach den genauen Gründen für die entsprechende Preisvorstellung des Anbieters fragen. Auf dieser gemeinsamen Wissensbasis haben beide Seiten dann die Möglichkeit, nach einer entsprechenden Lösung zu suchen. Elcheroth hält fest: „Als Win-win-Lösung bieten sich beispielsweise langfristige Lieferverträge oder auch ein möglicher Mengenrabatt an. So hat einerseits der Händler eine gesicherte Abnahmequelle und anderseits kann sich der Einkäufer auf einen anhaltenden Warenfluss verlassen.“
Spiel mit den Emotionen
Im Verhandlungsgespräch selbst geht es darum, verschiedene Optionen zu entwickeln, denn dies kann dabei helfen, einen möglichst kreativen Lösungsweg zu finden und schlussendlich einen beidseitigen Nutzen zu schaffen. Gerade im Extremfall steht Meinung gegen Meinung oder auch Forderung gegen Forderung. Erst durch einen Blick hinter diese Fassade kommen die Verhandelnden zum Kern des eigentlichen Problems. Welche Alternativen und Ergebnisse erweisen sich für alle Parteien als akzeptabel sowie vorteilhaft? „Denn nur dann handelt es sich wirklich um eine Win-win-Lösung“, so der Experte. „Setzt sich einer der Beteiligten mit seiner Vorstellung durch oder kommt es am Ende zu einem Kompromiss, handelt es sich nur um eine Lösung aus dem Gewinner-Verlierer-Spektrum.“ Mit dem Heranziehen von objektiven Kriterien besteht aber die Möglichkeit, subjektive Meinungsverschiedenheiten zu überwinden.
Nicht immer das gewünschte Finale
Für eine gelungene Win-win-Lösung gilt es also einerseits die eigenen Interessen klar zu kommunizieren sowie sich anderseits in den Standpunkt der Konfliktpartei hineinzuversetzen. Für viele Menschen bildet das Win-win-Szenario daher beinah den Heiligen Gral des Verhandelns, da im Alltag oft nicht alle Voraussetzungen für solch ein Ende gegeben sind. Nicht immer geht es für beide Parteien um eine langfristige Zusammenarbeit und manchmal steht auch nur der eigene Erfolg beziehungsweise das persönliche Ziel im Fokus. Wer seinen Verhandlungspartner also nicht genauer kennt oder ihn schlecht einschätzen kann, sollte immer wachsam bleiben. „Manchmal handelt es sich bei einem anfänglichen Wunsch nach einem Erfolg für beide Seiten auch nur um eine clevere Täuschung, um den anderen im Verlauf zu überraschen“, verrät Elcheroth. „Denn Verhandlungen sind wie Schneeflocken, nie komplett identisch und können die Teilnehmer auch manchmal kalt überraschen.“ Daher gilt: Aufmerksam zuhören, freundlich sowie gleichzeitig seriös bleiben und sich immer bestmöglich darauf vorbereiten.
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