
Die österreichische Wirtschaft bewegt sich weiter am Rande einer Stagnation, jedoch mittlerweile mit positiven Vorzeichen. Im dritten Quartal 2025 stieg das BIP um 0,4 Prozent, nach dem leichten Rückgang um 0,1 Prozent im Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die reale Wirtschaftsleistung um 0,9 Prozent an.
„Der zarte Aufwärtstrend der österreichischen Wirtschaft gewann im Jahresverlauf 2025 schrittweise an Stabilität, getragen vom Dienstleistungssektor. Weiterhin zeigte auch dieser Sektor noch durchwachsene Einzelergebnisse. Positive Resultate lieferten etwa der Finanz- und Versicherungssektor, das Grundstücks- und Wohnungswesen, der Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen und die öffentliche Verwaltung“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Während die Industrie leicht zulegen konnte, kam es in der Bauwirtschaft im Herbst allerdings erneut zu einem Rückgang der Wertschöpfung.“
Die Stimmungsaufhellung im vierten Quartal lässt eine Fortsetzung des leichten Rückenwinds für die heimische Wirtschaft erwarten. Das Branchenklima ist aktuell in den meisten Sektoren trüb oder abkühlend. Eine Verbesserung kündigt sich vor allem im Handel und in Teilen des Dienstleistungssektors an.
„Wir gehen davon aus, dass der Dienstleistungssektor die österreichische Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs halten und im kommenden Jahr, unterstützt durch eine niedrigere Inflation, sogar für mehr Schwung sorgen wird. Die Industriekonjunktur dürfte in den kommenden Monaten zumindest stabil laufen und trotz der massiven Herausforderungen durch hohe Standortkosten, Umstrukturierungsnotwendigkeiten und der US-Zollpolitik auch 2026 ihre Produktion steigern können. Zudem haben die Anzeichen zugenommen, dass die Flaute am Bau im Verlauf des kommenden Jahres auffrischen könnte“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Die Konjunktur in Österreich festigt sich, allerdings nur im Schneckentempo. An der verhaltenen Konjunkturentwicklung wird sich zumindest bis zur Jahresmitte 2026 nichts ändern. Nach zwei Jahren mit BIP-Rückgängen kehrt die österreichische Wirtschaft mit einem Anstieg des BIP um 0,3 Prozent im Jahr 2025 und 1,0 Prozent 2026 jedoch auf einen Wachstumskurs zurück.“
Industrie hält fragilen, uneinheitlichen Wachstumskurs
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen nahm die reale Produktion in der Industrie in der ersten Jahreshälfte 2025 um 3,1 Prozent (Herstellung von Waren) zu. Im dritten Quartal verlangsamte sich der Anstieg geringfügig, da neben den Belastungen durch eine schwache Nachfrage sowie hohe Lohn- und Energiekosten auch die Auswirkungen der US-Zollpolitik stärker spürbar wurden. Ausschlaggebend dafür waren unter anderem die Rückschläge in den wichtigen Branchen Maschinenbau und KFZ-Herstellung. Darüber hinaus verschärften sich die Produktionseinbußen in der Textilerzeugung, Bekleidungsindustrie und bei der Herstellung von Schuhen sowie in der Papierindustrie. Dagegen konnten einige konsumnahe Bereichen wie die Nahrungsmittelerzeugung und vor allem die Pharmaindustrie ihren Wachstumskurs fortsetzen. Positive Resultate lieferten auch die Metallerzeugung, die Elektrotechnik und der sonstige Fahrzeugbau.
„Die Produktionserwartungen liegen in der Industrie weiter unter dem langjährigen Durchschnitt, haben sich gestützt auf einer etwas günstigeren Auftragseinschätzung im Schlussquartal jedoch erhöht. Der moderate Wachstumstrend der heimischen verarbeitenden Industrie sollte sich in den kommenden Monaten fortsetzen können, wenn auch keine Tempoverschärfung zu erwarten ist. Aufgrund der Risiken im Export sind konjunkturunsensible Bereiche wie die Lebensmittelerzeugung im Vorteil, während die US-Zölle unter anderem der KFZ-Herstellung, der Stahlindustrie und zunehmend der Pharmaindustrie zusetzen dürften“, so Pudschedl.
Ende der Flaute am (Hoch-)Bau rückt näher
Nach dem recht soliden Jahresbeginn rutschte die Bauproduktion aufgrund des deutlichen Rückgangs im zweiten Quartal in der ersten Jahreshälfte 2025 ins Minus. Im dritten Quartal kam es zu einem weiteren, wenn auch etwas verlangsamten Rückgang, so dass in den ersten neun Monaten 2025 die Bauproduktion insgesamt um durchschnittlich 0,9 Prozent geringer als im Vorjahresvergleich ausfiel (real, saisonbereinigt). Dem Rückgang im Hochbau um über 10 Prozent stand ein Anstieg der Produktionsleistung im Tiefbau um 14,6 Prozent gegenüber. In den vorbereitenden Baustellenarbeiten, Bauinstallationen und Ausbaugewerben wurde ein moderater Rückgang von 0,6 Prozent in den ersten neun Monaten 2025 verzeichnet.
Weiterhin als größtes Produktionshindernis wird der Mangel an Aufträgen in den Unternehmensumfragen genannt. Allerdings hat sich die Auftragslage seit Beginn des Jahres kontinuierlich verbessert. Insbesondere im Hochbau liegen die Auftragsbestände jedoch weiter sehr deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Dennoch haben sich in den vergangenen Monaten die Produktionserwartungen am Bau verbessert, getragen vom Hochbau.
Die Konjunkturaussichten für den Tiefbau haben sich aufgrund der Aufschiebung diverser Projekte vor allem der öffentlichen Hand, bedingt durch die schwierige Budgetlage, eingetrübt. Die hohen Zuwachsraten der ersten drei Quartale werden in den kommenden Monaten nicht mehr erreicht werden können. Die Konsolidierung des Staatshaushalts wird auch den Ausbau- und Nebengewerben zusetzen, nachdem diverse Fördermaßnahmen eingestellt bzw. verringert wurden. Dagegen scheint sich im Hochbau die Lage schrittweise zu verbessern. Die Anzahl der Baubewilligungen im Wohnbau lag im ersten Halbjahr 2025 um 12,5 Prozent über dem Vorjahr. Dies dürfte vorerst kaum für den Nichtwohnungsbau, wie z.B. den Bürobau gelten, trotz der stabil günstigen Finanzierungsbedingungen.
„Die Flaute am Bau, verursacht durch die Schwäche im Hochbau, setzt sich vorerst noch fort. Mit den zunehmenden Anzeichen für eine Trendwende im Hochbau rückt ein Ende der Flaute am Bau näher. Der konjunkturelle Tiefpunkt scheint überwunden, die Wachstumsaussichten bleiben aber auch für 2026 angesichts zunehmenden Gegenwinds für den Tiefbau überschaubar“, meint Pudschedl.
Mehr Rückenwind für den Dienstleistungssektor mit nachlassender Inflation
Die Dienstleistungskonjunktur stabilisiert sich im Herbst auf einem moderaten Niveau, jedoch bei sehr durchwachsenen Einzelergebnissen. Die Wertschöpfung von Informations- und Kommunikationsdiensten, im Bereich Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie sowie von den sonstigen Dienstleistungen nahm ab. Positive Resultate lieferten hingegen der Finanz- und Versicherungssektor, das Grundstücks- und Wohnungswesen, der Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen und die öffentliche Verwaltung.
„Das Branchenklima hat sich in den vergangenen Monaten schrittweise aufgehellt und wird von den Unternehmern besser als im Euroraum beurteilt. Zudem haben sich die Nachfrageerwartungen im Schlussquartal spürbar erhöht“, meint Pudschedl und ergänzt: „Der leichte Rückenwind für den Dienstleistungssektor hält an und scheint sich in den kommenden Monaten sogar zu verstärken. Mit der zu erwartenden niedrigeren Inflation im kommenden Jahr und der stabileren Konjunkturaussichten sollte sich die Verunsicherung der heimischen Konsumenten legen, damit die hohe Sparneigung sinken und die Nachfrage nach Dienstleistungen steigen. Der Dienstleistungssektor wird so die tragende Komponente des höheren Wirtschaftswachstums des kommenden Jahres sein.“
Sonniges Branchenklima im Handel
Auch die Umsätze im Handel sollten in den kommenden Monaten von der nachlassenden Inflation profitieren können. Während der KFZ-Handel hohe Umsatzzuwächse im laufenden Jahr 2025 verbuchen konnte, zeigte sich die Entwicklung im Einzelhandel deutlich bescheidener. Die Umsatzentwicklung im Einzelhandel hat nach einem guten Start ins Jahr mittlerweile deutlich abgeflacht. Die Verunsicherung der Konsumenten hat sich angesichts der wieder gestiegenen Inflation auf bis zu 4 Prozent, zurückhaltender Lohnabschlüsse für 2026 und der geopolitischen Rahmenbedingungen bremsend ausgewirkt. In den ersten neun Monaten 2025 stiegen die Einzelhandelsumsätze (ohne Tankstellen und KFZ-Handel) knapp über 3 Prozent an, bzw. ein Prozent real im Jahresvergleich.
Die Geschäftserwartungen im Einzelhandel haben sich zu Beginn des Schlussquartals weiter verbessert. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist in den kommenden Monaten noch mit einer durchwachsenen Entwicklung im Einzelhandel zu rechnen, die jedoch im Verlauf des kommenden Jahres trotz schwächerer Lohnzuwächse, aber niedrigerer Inflation an Schwung gewinnen sollte.