In den 1980er Jahren erlebte die japanische Wirtschaft einen Boom. Die Wirtschaftskraft wuchs in diesem Jahrzehnt im Durchschnitt um 4,3 % pro Jahr, während das Wachstum in den USA beispielsweise lediglich 3,1 % betrug. Dieses dynamische Wirtschaftswachstum basierte unter anderem auf der hohen globalen Nachfrage nach japanischen Produkten aus den Bereichen Automobil und Elektronik.
Ein entscheidender Wendepunkt für die japanische Wirtschaft war in dieser Zeit das sogenannte Plaza-Abkommen von 1985. In diesem einigten sich die G5-Staaten darauf, die internationalen Währungsmärkte kontrolliert zu beeinflussen, um eine Abwertung des US-Dollars gegenüber dem japanischen Yen und der deutschen Mark zu erreichen. Innerhalb von eineinhalb Jahren wertete der Yen um 40 % gegenüber dem Dollar auf. Dies erschwerte die japanischen Exporte und bremste das Wachstum. Die japanische Regierung schnürte daraufhin ein umfassendes Fiskalpaket und die Bank of Japan (BoJ) versuchte zeitgleich, die Wirtschaft mit einer expansiven Geldpolitik zu stützen. Von Ende 1985 bis Anfang 1987 senkte die BoJ den Leitzins von 5,0 % auf 2,5 %. Zeitgleich kam es in Japan zu einer Welle der Deregulierung im Finanzsektor. In Verbindung mit den sinken-den Zinsen und dem fiskalpolitischen Stimulus führte dies zu einem rasanten Anstieg der Immobilien- und Aktienpreise. Der Quadratmeterpreis in Tokio war zwischenzeitlich 350-mal so hoch wie in Manhattan.
Um den Übertreibungen der Märkte entgegenzuwirken, reagierte die BoJ und hob ab 1989 die Zinsen wieder an. Die straffere Geldpolitik führte zu einem Einbruch an den Börsen und dem Platzen der Immobilienblase. Die Konjunktur verlangsamte sich daraufhin dramatisch: Während das BIP-Wachstum 1988 noch bei 6,7 % lag, wuchs die Wirtschaft vier Jahre später nur noch um 0,9 % und schrumpfte 1993 sogar um 0,5 %. Infolge der wirtschaftlichen Turbulenzen sahen sich die japanischen Unternehmen gezwungen, Überkapazitäten abzubauen und den Arbeitskräfte- und Schuldenüberhang zu bewältigen. Das schwache Wachstum und die geringe Nachfrage ließen die Inflation und die Inflationser-wartungen deutlich unter das Zwei-Prozent-Ziel der BoJ fallen. Die japanische Notenbank reagierte jedoch nur sehr langsam auf die Krise. Es dauerte vier Jahre, von 1991 bis 1995, um den Leitzins von 6 % auf 0,5 % abzusenken. Die anschließende Epoche war von geringem Wachstum und niedriger Inflation gekennzeichnet. Japan befand sich in der sogenannten Liquiditätsfalle: Die Haushalte und Unternehmen erwarteten eine langanhaltende Rezession mit entsprechenden Gewinnrückgängen, weshalb sie, statt zu konsumieren oder zu investieren sparten. Hinzu kam, dass die Mitte der 90er Jahre einsetzende Deflation die reale Schuldenlast steigen ließ. Unternehmen verzichteten daher selbst bei extrem niedrigen Zinsen auf die Aufnahme von Krediten und hielten sich bei Investitionen zurück. Auch die expansive Regierungspolitik konnte die Wirtschaft kaum beleben. Denn viele Investitionen flossen in wenig produktive Projekte während Banken, die in Notlage gerieten, nur zögerlich gerettet wurden. Dies bewirkte auch, dass die verbleibenden Banken aus Angst vor Kreditausfällen kaum noch neue Kredite vergaben.
Neben diesen zyklischen Aspekten wurde die japanische Konjunktur zu dieser Zeit aber auch zunehmend von strukturellen Faktoren belastet. Insbesondere der demografische Wandel machte sich zunehmend bemerkbar und führte zu Engpässen auf dem Arbeitsmarkt sowie zu wachsenden Renten- und Gesundheitskosten. Der Schuldenstand der Regierung mehr als verdoppelte sich zwischen 1990 und 1999 von 63 % auf 130 % des BIP, ohne dass das Wachstum nennenswert gesteigert wurde. Aufgrund des sehr niedrigen Leitzinses hatte die BoJ keinen Spielraum mehr, um durch eine konventionelle Lockerung der Geld-politik Impulse zu setzen. Im Februar 1999 senkte die BoJ den Leitzins daher erstmals auf null Prozent. Darüber hinaus führte sie im Jahr 2001 als erste Zentralbank das Quantitative Easing, also den Aufkauf von Wertpapieren, ein. Dieses unkonventionelle Mittel der Geldpolitik wurde später im Zuge der Finanzkrise auch von der Fed und der EZB übernommen. Neben der ultralockeren Geldpoli-tik profitierte die japanische Konjunktur Anfang der 2000er Jahre auch vom Auf-stieg des großen Nachbarn und wichtigen Handelspartners China. In dieser Phase des konjunkturellen Aufschwungs unternahm die BoJ den Versuch, die Geldpolitik durch eine Anhebung des Leitzinses wieder zu normalisieren. Die globale Finanzkrise von 2008 beendete diese Hoffnungen jedoch schnell und zwang die BoJ, den Leitzins wieder auf nahezu null Prozent zu senken.
Ab 2012 versuchte der damalige Premierminister Shinzō Abe, Japan erneut aus der jahrzehntelangen wirtschaftlichen Stagnation zu führen. Das damalige wirtschaftliche Programm umfasste neben schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen und Strukturreformen auch eine noch lockerere Geldpolitik, bei der der Leitzins in den negativen Bereich gesenkt und das Anleihekaufprogramm noch einmal deutlich ausgeweitet wurde. Doch selbst dieser koordinierte Versuch von Fiskal- und Geldpolitik, die Wirtschaft zu beleben und die Inflation in Richtung des 2-Prozent-Ziels zu bewegen, blieb im Großen und Ganzen erfolglos. Erst durch die globale Coronapandemie kam es zu einer signifikanten Änderung der Situation in Japan. Gestörte Lieferketten und gewaltige Konjunkturprogramme weltweit ließen die Preise überall auf der Welt anziehen und erzeugten einen Schock, der groß genug war, um auch die japanische Inflation nach Jahr-zehnten wiederzubeleben. Die japanischen Importe verteuerten sich deutlich und wurden in Form höherer Preise an die Kunden weitergegeben. Diese forderten im Gegenzug höhere Gehälter, wodurch sich der externe Preisschock mit der Zeit in eine steigende heimische Nachfrage verwandelte. Infolgedessen zo-gen auch die Inflationserwartungen langsam wieder an. Dies eröffnete der Zent-ralbank den Spielraum, mit einer vorsichtigen Normalisierung der Geldpolitik zu beginnen.
Als letzte große Zentralbank beendete die BoJ im März 2025 die Negativzinspolitik und hat seitdem den Leitzins sehr vorsichtig auf mittlerweile 0,5 % angehoben. Die steigenden Zinsen und Inflationserwartungen in Verbindung mit einem gewissen konjunkturellen Momentum lassen auch die Renditen japanischer Staatsanleihen steigen. Zinssteigernd wirkt zudem, dass die BoJ im Sommer 2024 damit begonnen hat, ihr Anleihenkaufprogramm zurückzufahren, wodurch sich die Nachfrage nach Schuldtiteln der japanischen Regierung verringert. So stieg die Rendite für japanische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit im März 2025 auf knapp 1,6 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit 2011. Anleihen mit 30-jähriger Laufzeit notierten zuletzt bei knapp 3,2 % und damit auf einem Allzeithoch. Die steigenden Zinskosten erschweren es der Regierung tendenziell, ihren Schuldenberg, der mittlerweile bei etwa 240 % des BIP notiert, zurückzufahren. Bis sich dieser Effekt der gestiegenen Renditen jedoch bemerkbar macht, wird es allerdings eine Weile dauern, da mehr als die Hälfte der ausstehenden japanischen Staatsanleihen erst in fünf oder mehr Jahren fällig wird. Zu beachten ist außerdem, dass ein Wiederanstieg von Wirtschaftswachstum und Inflation die Steuereinnahmen erhöht und somit positiv auf die Staatsverschuldung wirkt. Die BoJ befindet sich derweil in einer schwierigen Situation: Die Kerninflation, die im April bei 3,5 % und damit deutlich über dem Zielwert von 2 % notierte, spricht eigentlich für weitere Leitzinsanhebungen. Gleichzeitig wirken sich die US-Zölle aber negativ auf die Konjunktur aus. Einerseits ist Japan insbesondere durch die Zölle auf Autos stark direkt betroffen und zum anderen wirkt sich auch eine Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft aufgrund des Zollstreits mit den USA negativ auf die Nachfrage nach japanischen Produkten aus. Die BoJ wird daher bei weiteren Leitzinsanhebungen sehr vorsichtig vorgehen und den Leitzins bis zum Jahresende lediglich auf 1,0 % anheben, um die zaghaften Ansätze einer Normalisierung nach Jahrzehnten des ökonomischen Ausnahmezustands nicht zu gefährden.