Die Konjunkturstimmung in Österreich zeigte im Herbst keine klare Richtung bei geringen Schwankungen im pessimistischen Bereich. „Nach der leichten Verbesserung in den beiden Vormonaten ist der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator im Oktober wieder geringfügig auf minus 2,5 Punkte gesunken.
Mit dem Rückgang auf den schwächsten Wert seit Juli signalisiert der Indikator weiter eine Fortsetzung der flauen Konjunktur in Österreich“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Die österreichische Wirtschaft kommt weiter nicht in die Gänge. Trotz leichter Stimmungsverbesserung am Bau und in der Industrie verharren diese Sektoren in einer Rezession. Der Dienstleistungssektor stabilisiert zwar die Konjunktur, kann belastet durch die andauernde Konsumzurückhaltung jedoch kaum Impulse geben, um den Konjunkturmotor auf Touren zu bringen. Wir gehen daher zumindest bis zum Jahreswechsel von einer anhaltend schwachen Konjunktur und einem Rückgang des BIP im Gesamtjahr 2024 um 0,5 Prozent aus.“
Keine Anzeichen für baldige Stimmungsbesserung
Der Grund für den leichten Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im Oktober war die leichte Verschlechterung der Stimmung im Dienstleistungssektor. Die Kaufkraftzuwächse durch den anhaltenden Rückgang der Inflation haben dem Konsum bisher kaum Rückenwind verliehen. Im Gegenteil, die hohe Verunsicherung der Konsument:innen durch den Preisschock und nun auch durch zunehmende Sorgen um den Arbeitsplatz haben zu einem Anstieg der Sparquote geführt. Diese bestehende Unsicherheit spiegelt sich auch in der erneuten Verschlechterung der Stimmung der heimischen Konsumenten wider.
Die pessimistische Grundstimmung der österreichischen Wirtschaft war im Herbst weiterhin trotz leichter Aufhellung vor allem von der Schwäche im Produktionssektor bestimmt. Am Bau zeigten sich in den vergangenen Monaten Anzeichen einer Stabilisierung der Konjunktur, jedoch auf niedrigem Niveau. In der Industrie hat sich zwar der Abwärtstrend der Produktion verlangsamt, jedoch trübte der sich verschärfende Auftragsmangel unter anderem in der Metallwarenindustrie die Aussichten.
„Die Stimmung war zu Beginn des Schlussquartals in allen Sektoren der heimischen Wirtschaft deutlich im pessimistischen Bereich, zum Teil sogar erheblich unter dem langjährigen Durchschnitt. Zudem war in allen Wirtschaftssektoren in Österreich die Stimmung schlechter als im Euroraum. Weiterhin ist vor allem in der Industrie der Pessimismus viel stärker ausgeprägt als im europäischen Durchschnitt und aus dem aktuellen Stimmungsbild lassen sich derzeit keine Signale für einen bevorstehenden Konjunkturumschwung ablesen, zumal sich das Exportumfeld im Oktober weiter eingetrübt hat und die Verschärfung von protektionistischen Tendenzen im globalen Außenhandel droht“, meint Bruckbauer.
Moderates Wachstum 2025 mit erhöhten Risiken
Während derzeit zwar keine Anzeichen für eine beginnende Erholung der österreichischen Wirtschaft auszumachen sind, stützt die Verbesserung einiger Rahmenbedingungen jedoch die Aussicht auf eine Aufhellung der Konjunktur im Jahresverlauf 2025. Zum einen sollte der anhaltende Rückgang der Inflation bei anhaltend hohen Einkommenswachstum die Kaufkraft der heimischen Konsumenten weiter stärken und den Konsum schrittweise beleben. Zum anderen könnte die weitere Lockerung der Geldpolitik durch Zinssenkungen die Investitionsbereitschaft der Unternehmer fördern und Finanzierungskosten senken.
„Wir gehen davon aus, dass im Jahr 2025 die Inlandsnachfrage, gestützt auf Konsum und Investitionen der heimischen Wirtschaft, etwas Schwung verleihen wird und damit die bestehende Flaute überwunden werden kann. Allerdings erwarten wir nur eine moderate und recht fragile Erholung mit einem Anstieg des BIP um ein Prozent“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Zudem haben sich die Prognoserisiken erhöht, da die Aussichten auf eine Unterstützung der österreichischen Konjunktur durch einen Aufschwung des globalen Handels mit den andauernden Konjunkturproblemen in China und den politischen Weichenstellungen in den USA abgenommen haben.“
Keine Anzeichen für Trendumkehr am Arbeitsmarkt
Die Schwäche der österreichischen Wirtschaft schlägt sich weiterhin negativ am heimischen Arbeitsmarkt nieder. Im Frühjahr 2023 hat die Arbeitslosenquote zu steigen begonnen und im Oktober mit saisonbereinigt 7,2 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Im Vergleich zum Tiefpunkt vor rund eineinhalb Jahren lag die Arbeitslosenquote damit um genau einen Prozentpunkt höher. Angesichts der andauernden Wirtschaftsflaute insbesondere in der Industrie und am Bau war der Anstieg der Arbeitslosenquote bisher jedoch relativ verhalten. Im Jahr 2019 vor Ausbruch der Corona-Pandemie betrug die Arbeitslosenquote bei guter Konjunktur durchschnittlich sogar 7,4 Prozent. Der verlangsamte Anstieg des Arbeitskräfteangebots bedingt durch das Ausscheiden der Baby-Boomer Generation aus dem Arbeitsprozess, die geringere Zuwanderung und die hohe Beliebtheit von Teilzeitarbeit dämpften den Aufwärtstrend der Arbeitslosigkeit.
„Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich in den kommenden Monaten noch weiter verschlechtern, belastet vor allem von geringeren Personalerfordernissen in der schwächelnden Industrie. Die Dynamik in den Dienstleistungsbranchen wird vorerst zu gering bleiben, um dies zu kompensieren. Nach durchschnittlich 7,0 Prozent im Jahr 2024 erwarten wir für 2025 einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 7,2 Prozent“, so Pudschedl.
Inflationsschock ist zu Ende, doch Herausforderungen bleiben
Bedingt durch die schwache Konjunktur hat sich die Inflation in Österreich deutlich rascher rückgebildet als ursprünglich erwartet. Mit voraussichtlich 1,8 Prozent im Jahresabstand lag die Teuerung im Oktober bereits den zweiten Monat in Folge unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank. Damit betrug die durchschnittliche Teuerung in den ersten zehn Monaten nach hohen Werten zu Jahresbeginn 3,2 Prozent.
„Bis zum Jahresende sollte sich die Inflation in Österreich weiter im Zielbereich der EZB von 2 Prozent bewegen, gedämpft durch niedrige Ölpreise. Mit Jahresbeginn 2025 dürfte die Teuerung durch das Auslaufen der Strompreisbremse sowie durch inflationsbedingte tourliche Preisanpassungen einen kleinen Sprung nach oben machen. Allerdings sollten schwächer werdende Zweitrundeneffekte im Dienstleistungssektor sowie die nachlassende Preissetzungskraft der Produzenten im schwachen Nachfrageumfeld in weiterer Folge wieder für eine Beruhigung sorgen. Wir gehen nach durchschnittlich 2,9 Prozent 2024 für das kommende Jahr 2025 von einer Inflationsrate von 2,2 Prozent aus“, meint Pudschedl.
Nächste Leitzinssenkung noch im Dezember erwartet
Die schwachen Konjunkturaussichten und die gesunkenen Inflationserwartungen haben den Druck auf die EZB erhöht, mit den Zinssenkungen rascher als ursprünglich geplant fortzufahren. Daher erfolgte im Oktober erneut eine Senkung des Einlagensatzes um 25 Basispunkte, insgesamt damit bereits 75 Basispunkte seit Juni.
„Für Dezember erwarten wir einen weiteren Zinsschritt der EZB um 25 Basispunkte nach unten. Für 2025 gehen wir von einer Verringerung der Leitzinsen um weitere 100 Basispunkte aus, wobei der Einlagenzins mit 2 Prozent bereits im September sein Endniveau im laufenden Zinszyklus erreicht haben könnte“, meint Bruckbauer und ergänzt abschließend: „Durch anhaltend ungünstige Konjunkturaussichten sowie die bevorstehenden wirtschaftspolitischen Veränderungen in den USA insbesondere in Hinblick auf den globalen Handel hat sich sogar die Möglichkeit einer Senkung der Leitzinsen unter das neutrale Niveau von etwa zwei Prozent – also eines leicht expansiven geldpolitischen Kurses der EZB – erhöht.“