Der Auftakt zur zweiten Jahreshälfte 2024 für die österreichische Industrie fiel schwach aus. „Nach dem Rückgang im Vormonat setzte der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex seinen Abwärtstrend im Juli weiter fort. Der Index sank auf 43,1 Punkte, den niedrigsten Wert seit März“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Er ergänzt: „Der Indikator unterschreitet damit exakt seit zwei Jahren die Marke von 50 Punkten, die Wachstum in der heimischen Industrie signalisiert. Zudem hat er sich seit Sommerbeginn noch weiter von der Wachstumsschwelle entfernt. Die Anzeichen für eine Erholung der heimischen Industrie haben sich mittlerweile verflüchtigt. Ein möglicher Aufschwung ist nicht vor dem Herbst zu erwarten.“
Auch das internationale, vor allem aber das europäische Umfeld, bietet derzeit keine konjunkturelle Unterstützung für die heimische Industrie. In den USA sank der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie erstmals im laufenden Jahr unter die Wachstumsschwelle. Im Euroraum vertiefte sich die Industrierezession, wie der Rückgang des Einkaufsmanagerindex auf 45,6 Punkte signalisiert. Maßgeblichen Anteil daran hatte die anhaltende Schwäche der deutschen Industrie, dem wichtigsten Absatzmarkt österreichischer Zulieferer.
„Aufgrund eines beschleunigten Rückgangs der Neuaufträge haben die heimischen Industriebetriebe zu Beginn der zweiten Jahreshälfte ihre Produktionsleistung und den Personalstand weiter reduziert. Folglich wurde die Einkaufsmenge verringert und die Bestände an Vormaterialien und Fertigwaren sanken. Obwohl die Kosten den zweiten Monat in Folge leicht zunahmen, mussten die Betriebe aufgrund der schwachen Nachfrage Preisnachlässe gewähren“, fasst Bruckbauer die Ergebnisse der monatlichen Umfrage unter den österreichischen Einkaufsmanagern zusammen.
Rückläufige Auftragsentwicklung beschleunigte sich
Den stärksten Beitrag zum erneuten Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex leistete zu Beginn der zweiten Jahreshälfte die anhaltende Abschwächung des Neugeschäfts. „Die besonders stark sinkende Nachfrage aus dem Inland war im Juli für den Rückgang des Index der Neuaufträge auf nur noch 41,7 Punkte verantwortlich“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Die heimischen Betriebe verringerten daher die Produktion deutlich, wenn auch mit geringerem Tempo als im Vormonat, da Auftragsrückstände aufgearbeitet wurden.“ Die Auftragsbestände in den heimischen Industriebetrieben nahmen im Juli folglich stärker als im Vormonat ab und mit höherem Tempo als die Produktion. Der Index der Auftragsbestände sank auf 41,2 Punkte während der Produktionsindex zwar auf 45,2 Punkte stieg, jedoch mit einem Wert unter 50 bereits den 26. Monat in Folge eine Einschränkung der Produktion gegenüber dem jeweiligen Vormonat zeigt.
Arbeitsmarkt immer stärker belastet
Aufgrund der schwachen Auftragsentwicklung haben die heimischen Industriebetriebe mittlerweile den 15. Monat in Folge ihren Personalstand reduziert, im Juli erneut mit höherem Tempo als im Vormonat. Der Beschäftigtenindex sank auf 40,9 Punkte, was auf den stärksten Personalabbau in der Industrie seit dem Beginn des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 hindeutet.
„Die heimischen Betriebe haben in der Hoffnung auf einen konjunkturellen Umschwung deutlich später mit dem Abbau von Jobs als mit der Einschränkung der Produktion begonnen. Mittlerweile haben die österreichischen Industriebetriebe ihre Zurückhaltung beim Personalabbau jedoch abgelegt. Seit dem Frühjahr sinkt die Beschäftigung schneller als die Produktion, was sich nach einer langen rückläufigen Phase positiv auf die Entwicklung der Arbeitsproduktivität auswirken sollte“, meint Pudschedl und ergänzt: „Allerdings setzt sich der Aufwärtstrend der Arbeitslosenquote in der Industrie nun beschleunigt fort. Die Anzahl der Arbeitssuchenden ist im Juli auf rund 25.500 gestiegen, was einer saisonbereinigten Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent entspricht. Im Jahresdurchschnitt 2024 ist mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote in der heimischen Sachgütererzeugung auf 3,8 Prozent zu rechnen, nach nur 3,2 Prozent im Jahr 2023.“
Mit der steigenden Arbeitslosigkeit ist die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen in der Sachgütererzeugung auf unter 9.000 gesunken. Die Stellenandrangziffer hat sich innerhalb eines Jahres auf rund drei Arbeitssuchende pro offene Stelle verdoppelt. In keinem Bundesland unterschreitet die Stellenandrangziffer damit mehr die Marke von 1,5, die als Grenze für die Aufnahme auf die sogenannte „Mangelberufsliste“ gilt.
Einkauf und Lagerbestände reduziert, doch Kosten steigen
Aufgrund des sinkenden Neugeschäfts verringerten die heimischen Betriebe im Juli ihre Einkaufsmenge erneut stark. Trotz der deutlichen Produktionskürzungen nahmen auch die Bestände in den Vormateriallagern weiter ab, sogar mit höherem Tempo als im Vormonat. Auch die Bestände in den Verkaufslagern wurden im Rahmen eines kostenbewussten Lagermanagements im Juli weiter zurückgefahren.
„Obwohl der Bedarf an Vormaterialien erneut stark nachließ, stiegen den zweiten Monat in Folge die Kosten. Neben den Energiepreisen sorgten auch die gestiegenen Personalaufwendungen für höhere Kosten. Da gleichzeitig aufgrund der schwierigen Absatzlage im Verkauf erneut Preisnachlässe gewährt werden mussten, verschlechterte sich im Durchschnitt die Ertragslage der heimischen Betriebe im Juli das dritte Mal in Folge“, so Pudschedl.
Derzeit keine Anzeichen für Industrieerholung
Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juli signalisiert eine weitere Verschlechterung der Industriekonjunktur in Österreich zu Beginn des zweiten Halbjahres 2024. Anzeichen für eine Besserung der Lage sind derzeit nicht auszumachen, denn die seit über zwei Jahren rückläufige Auftragsentwicklung hat sich wieder beschleunigt. Das Indexverhältnis des Neugeschäfts zu den Beständen in den Verkaufslagern verschlechterte sich im Juli deutlich. Durch den Mangel an Neuaufträgen ist unmittelbar sogar ein weiteres Zurückschrauben der Produktionskapazitäten zu erwarten.
„Angesichts des schwächelnden Nachfrageumfelds hat sich die Hoffnung auf eine in der zweiten Jahreshälfte 2024 einsetzende Erholung nach hinten verschoben“, meint Bruckbauer und ergänzt abschließend: „Zumindest sahen die heimischen Betriebe die Geschäftsaussichten auf Jahressicht im Juli weiterhin positiv. Der Erwartungsindex sank allerdings auf 55,2 Punkte, zunehmend belastet von Sorgen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industriebetriebe auf den globalen Märkten angesichts einer hohen Lohnkostendynamik und vergleichsweise hoher Energiepreise.“