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Dienstag, 29. April 2025
   
 

Verteidigung als Investment: Europäische Rüstungsbranche bleibt auch nach Kurssprüngen ein Wachstumsmarkt

Ein Kommentar von Jens Klatt, Analyst beim Online-Broker XTB



Die Rüstungsindustrie erlebt seit geraumer Zeit eine beispiellose Neubewertung an den Finanzmärkten. Getrieben von geopolitischen Spannungen und wachsenden Verteidigungsetats verzeichnet die Branche deutlich höhere Gewinne und rückt stärker in den Fokus von Anlegern.

Dabei ist nicht zu übersehen, dass sich die Wahrnehmung in der Finanzwelt nachhaltig gewandelt hat. Durch neue geopolitische Realitäten gelten Verteidigungsunternehmen nicht mehr nur als Anbieter militärischer Lösungen, sondern zunehmend als sicherheitsrelevante Technologieunternehmen.

Deutsche Verteidigungswerte: Starke Performance, aber noch Spielraum?

Ein wichtiger Treiber für den Kursanstieg deutscher Rüstungswerte seit Anfang des Jahres ist die aktuelle Entscheidung des Bundestags zur Lockerung der Schuldenbremse. Die Finanzpläne sehen vor, dass Ausgaben für Verteidigung nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (rund 44 Millionen Euro im Jahr 2023) unter die Schuldenbremse fallen. Weitere Ausgaben werden dann über Kredite finanziert. Dies stellt eine historische Veränderung dar und sorgt für einen erheblichen Schub bei Rüstungswerten. Doch ist der Markt inzwischen überhitzt oder ergeben sich noch Einstiegsmöglichkeiten?

Rheinmetall: Deutsches Powerhouse mit starkem Umsatzsprung

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern ist zweifellos der größte Profiteur der gestiegenen Verteidigungsausgaben in Europa. Der Kurs von Rheinmetall (WKN 703000) ist seit Anfang 2024 um rund 375% gestiegen. Der Konzern liefert gepanzerte Fahrzeuge, Munition und eine Vielzahl technologischer Systeme an NATO-Staaten und erhielt in den vergangenen Monaten zahlreiche langfristige Großaufträge. 2024 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von rund 10 Mrd. Euro, ein Anstieg um 36 %. 2025 soll der Umsatz um weitere 30 % steigen. Im Vergleich zu Konkurrenten wie dem US-amerikanischen Hersteller Lockheed Martin kann Rheinmetall die Produktion schneller skalieren, weshalb Umsatz und Gewinn in den letzten Jahren stärker gewachsen sind als bei vielen amerikanischen Wettbewerbern. Die Rheinmetall-Aktie wird derzeit mit dem rund 54-fachen des Jahresgewinns (KGV: 54) gehandelt, ein sehr hoher Wert, der deutlich über dem langfristigen Durchschnitt liegt. Das heißt aber nicht, dass dem Rheinmetall-Papier bereits die Luft ausgeht: Angesichts voller Auftragsbücher, geplanter Produktionskapazitätserweiterungen und einer Expansion in den Bereich Luftverteidigung könnte die Aktie trotz der jüngsten Rallye weiteres Potenzial haben. Dennoch sollten Anleger sich der wachsenden Konkurrenz durch andere europäische Anbieter bewusst sein. Hohe Erwartungen könnten zudem für eine steigende Volatilität sorgen.

Hensoldt: Spezialist für Sensorik mit Wachstumspotenzial

Das Rüstungsunternehmen Hensoldt (WKN HAG000) profitiert ebenfalls von steigenden Verteidigungsausgaben. Der Spezialist für Radarsysteme, Sensorik und elektronische Kampfführung konnte seit Anfang 2024 seinen Aktienwert um rund 200% steigern. 2023 verzeichnete Hensoldt einen Rekord-Auftragsbestand von 2,9 Mrd. Euro und steigerte seinen Gesamtumsatz um 21 %. Der Erfolgskurs dürfte auch in diesem Jahr fortsetzen, da das Unternehmen einen Großteil seines Erlöses in Deutschland erzielt und folglich von den steigenden Bundeswehrausgaben profitiert. Hier liegt aber auch ein Nachteil: Die Abhängigkeit vom deutschen Verteidigungsbudget könnte zukünftig das Wachstum hemmen. Ein Fokus auf die Modernisierung europäischer Streitkräfte könnte das jedoch ausgleichen. Der weitergeführte Auftrag für die Modernisierung des Eurofighter ist daher ein positives Signal. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 47 ist Hensoldt ambitioniert bewertet, ähnlich wie im Falle des Konkurrenten Rheinmetall könnte das Unternehmen dank stabiler Auftragslage mittel- bis langfristig noch Luft nach oben haben.

Europäische Rüstungswerte: Auch außerhalb Deutschlands attraktive Chancen

Deutsche Aktien standen zuletzt wegen der Reform der Schuldenbremse und höherer Verteidigungsausgaben besonders im Fokus. Doch auch europäische Rüstungswerte bieten Chancen.

Thales Group: Innovative Radarsysteme aus Frankreich


Die Thales Group (WKN 850842) ist ein führendes französisches Unternehmen mit Schwerpunkt auf Datenanalyse, Radarsysteme und militärische Kommunikation. Das Unternehmen profitiert auch von einem breiten Produktportfolio, das Luft- und Raumfahrtsysteme, militärische Kommunikation, Cybersicherheit und Transporttechnologien abdeckt, wodurch es seine Einnahmequellen diversifizieren kann. Thales investiert rund 6 % seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung in den Bereichen künstliche Intelligenz, Big-Data-Analytik und Cybersicherheit.

Die Aktie des französischen Rüstungsherstellers konnte seit Januar 2024 um rund 84% zulegen, bleibt damit hinter den Kurssprüngen der deutschen Wettbewerber zurück. Die Auftragsbücher des französischen Herstellers sind allerdings auch gut gefüllt: Der Auftragsbestand beläuft sich auf 25,3 Mrd. Euro bei einem Jahresumsatz von 20,6 Mrd. Euro. Thales investiert stark in KI-gestützte Systeme – diese Nische kommt dem Unternehmen zugute, da die Konkurrenz dort noch nicht besonders groß ist. Mit einem KGV von 46 reiht sich das Unternehmen in die derzeit vergleichsweise hohe Bewertung der europäischen Rüstungsbranche ein.

BAE Systems: Britischer Hersteller mit breitem Produkt-Portfolio

BAE Systems (WKN 866131) ist das größte rein auf Rüstung spezialisierte europäische Unternehmen. Seit Januar 2024 legte die Aktie um rund 49% zu. Der britische Konzern ist breit aufgestellt: von elektronischen Systemen, Flugsystemen, Marine, über Plattformen und Dienstleistungen sowie Cyber- und Informationssysteme. Die breite Produktpalette und gute Geschäftslage spiegeln sich auch im Umsatz wider. Die Verkäufe sind im Jahr 2024 um rund 14% gestiegen, für dieses Jahr wird ein ähnliches Wachstum erwartet. Zu den klaren Stärken des Unternehmens zählen die breite internationale Zusammenarbeit mit Partnern der Rüstungsindustrie als auch die Expansion in den Bereich Cyber-Security. Da BAE Systems auf sehr komplexe Systeme wie etwa das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon setzt, können vergleichsweise schnell logistische und finanzielle Schwierigkeiten auftreten. Mit einem KGV von 24 ist das Unternehmen derzeit günstiger bewertet als europäische Pendants.

Leonardo SpA: Italiens Rüstungsriese mit globaler Präsenz


Leonardo SpA (WKN A0ETQX) ist ein führendes italienisches Unternehmen im Bereich Luft- und Raumfahrt, Verteidigung und Sicherheit. Seit Januar 2024 hat die Aktie des Rüstungsspezialisten um rund 213% zugelegt. Im vergangenen Jahr erzielte Leonardo einen Umsatz von 17,8 Mrd. Euro und verzeichnete einen Auftragseingang von 20,9 Mrd. Euro. Das Unternehmen profitiert von einem diversifizierten Produktportfolio, das zivile Hubschrauber, Kampfflugzeuge, Radar- und Elektroniksysteme sowie Cybersicherheitslösungen umfasst. Über 40 % des Umsatzes entfallen auf elektronische Systeme, rund 30 % auf Hubschrauber und 16 % auf Kampfflugzeuge.

Durch strategische Partnerschaften, etwa mit Rüstungsunternehmen wie MBDA und Thales, stärkt Leonardo seine technologische Kompetenz und Marktreichweite. Mit einer jährlichen Investition von 2,5 Mrd. Euro (14 % des Umsatzes) in Forschung und Entwicklung liegt der Fokus besonders auf Innovationen in den Bereichen unbemannte Systeme und Cybersicherheit. Dank dieses breiten Portfolios und der globalen Präsenz bleibt Leonardo ein bedeutender Akteur in der Verteidigungsbranche. Mit einem KGV von 23 ist Leonardo derzeit günstiger bewertet als viele europäische Konkurrenten, trotz starken Kurssprüngen ist weiteres Aufholpotenzial vorhanden.

Ist der Markt überhitzt?

Die massive Neubewertung von Rüstungsaktien spiegelt die veränderte geopolitische Lage wider. Obwohl viele der Werte seit 2024 stark gestiegen sind und mittlerweile entsprechend teils hohe Bewertungen aufweisen, bieten sie nach wie vor attraktive Einstiegsmöglichkeiten. Rheinmetall, Thales, BAE Systems und Leonardo bleiben weiter aussichtsreich, da sie über solide Auftragsbücher und weiteres Wachstumspotenzial verfügen. Das gilt tendenziell auch für kleinere Rüstungshersteller wie Hensoldt. Das Unternehmen ist jedoch ambitionierter bewertet und könnte bei einer Abkühlung des Marktes stärker als seine Wettbewerber korrigieren. 

 

Veröffentlicht am: 25.03.2025

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