Der Juli war für die meisten großen Aktienindizes mit Wertsteigerungen (in Euro) zwischen 0,4-4,6 % ein positiver Monat. Im Gegensatz dazu verloren die Rentenmärkte eher leicht. „Sinkende Hoffnungen auf weitere und im Falle der USA erstmalige Zinssenkungen haben hier enttäuscht. Die Rohstoffmärkte verzeichneten eine Erholung, bleiben aber wegen sich verdunkelnder wirtschaftlicher Aussichten deutlich negativ, während Gold als Gewinner weiter hervorsticht“, fasst Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Dolphinvest Capital, den vergangenen Monat zusammen.
Obwohl die Wechselwirkungen der US-Zollerhebungen auf die Lieferketten und die schlussendlichen Preisgestaltungen noch völlig offen sind, erstaune die Euphorie an den Aktienmärkten. „Die meisten Märkte sind in ihrer jeweiligen Währung auf Allzeithoch, nach einem durchwachsenen 2025 werden wieder zweistellig steigende Unternehmensgewinne für 2026 erwartet. Das ist angesichts der Zolldebatten eine sorglose bis sportliche Haltung“, so Böckelmann. Für die positive Haltung seien vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich: zum einen der bedingungslose Glaube an schnelle Produktivitätsfortschritte dank des Einsatzes künstlicher Intelligenz, zum anderen simple Markttechnik. Ein historischer Höchststand von 1.000 Milliarden US-Dollar an Wertpapierkrediten (Margin Debt) für Privatanleger in den USA befeuert das Marktmomentum, durch den Kauf von ETFs und Derivaten. „Vergleicht man den Schuldenstand für Wertpapierkäufe mit der Wirtschaftsleistung der USA, so nähern wir uns aktuellen Spitzenwerten wie zur Dot.com-Blase und der globalen Finanzkrise“, warnt der Experte.
Trumps Spiel mit dem Feuer
Historiker, Politologen und Ökonomen sind sich einig – der Smoot-Hawley-Tariff-Act von 1930 und die darauffolgenden Zollerhebungen in den USA waren die katastrophalste Entscheidung in der Geschichte der Weltwirtschaft. „Bis zur Wiederwahl Donald Trumps wurde diese Einschätzung auch auf der Website der Republikaner geteilt. Seitdem Präsident Trump seine Liebe zu Zöllen offenbarte, ist die Websitepassage gelöscht und kritische Wissenschaftler möchte man mundtot machen“, konstatiert Böckelmann. Die jetzt „verhandelten“ – aber rechtlich nicht bindenden – 15%-Zölle mit den Wirtschaftsräumen Japan und Europäischer Union markieren den höchsten Stand seit den 30er Jahren.
Für Böckelmann sind die Fotos sowie Äußerungen von der EU-USA-Zolleinigung auf dem schottischen Golfplatz kaum zu ertragen: „Sie zeichnen ein realistisches Bild der geopolitischen Abhängigkeit der EU. Offenbar fühlten sich die EU-Verantwortlichen außer Stande, das große wirtschaftliche Gewicht der EU in die Waagschale zu werfen. Es überwog wohl die Angst, ein ansonsten schlecht gelaunter US-Präsident könnte sich militärisch noch weiter aus Europa zurückziehen.“ Die vorherrschenden Einordnungen dieser „Einigung“ von Demütigung bis Pragmatismus träfen wohl den Kern.
Zölle auch für USA gefährlich
Der Portfoliomanager geht davon aus, dass trotz des schrägen theoretischen Unterbaus der Entscheidungen Donald Trumps und seiner Administration auch diesen Akteuren klar sein muss, wie gefährlich die Zollpolitik für die eigene Wirtschaft ist. „Offensichtlich ist der finanzielle Notstand angesichts Rekordverschuldung und Rekorddefizit derart groß, dass man zwingend auf diese Zolleinnahmen angewiesen ist. Und Zölle lassen sich der eigenen Bevölkerung besser verkaufen als Steuern.“ Offen dabei sei, wer die Zölle am Ende zahlen werde – Konsument oder Produzent.
Schlussendlich sei dies eine Frage der Preismacht der in die USA exportierenden Produzenten und der Preissensitivität US-amerikanischer Konsumenten. „Werden die Zölle auf die Preise umgelegt, steigt die Inflation. Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank die Zinsen senken wird – ein absolutes Ziel von Donald Trump“, urteilt Böckelmann und befürchtet: „Die Entscheidung der US-Notenbank Fed am 30. Juli, zunächst weiter im „wait and see“-Modus die Auswirkungen der Zollpolitik zu beobachten, dürfte zu erneuten persönlichen Angriffen seitens Trump auf den Notenbankchef Powell führen.“ Dabei wurde die Entscheidung im Notenbankrat mit soliden 9:2 Stimmen gefällt, auch wenn es erstmals seit 1993 mehr als eine Gegenstimme gegeben hat. Der Experte weiter: „Schlucken hingegen die Produzenten die Zölle – wie von Trump verlangt – geht dies unmittelbar zu Lasten derer Gewinnmargen und somit Gewinnerwartungen.“