Aktienrenditen sind abhängig von der Größe der betrachteten Unternehmen. Grob gilt: je kleiner, desto ertragreicher. Dieser Size-Effekt wurde so gut untersucht, dass die ihn beschreibenden Ökonomen dafür den Nobelpreis erhielten.
„In der vergangenen Dekade war dieser Effekt allerdings nicht zu beobachten – im Gegenteil“, sagt Ufuk Boydak, Vorstandsvorsitzender der LOYS AG. „Getrieben von den Mag7 waren die Großen die Gewinner.“ Nun ist eine Normalisierung zu erwarten – mit Chancen für die Kleinen. Size matters.
In der vergangenen Dekade bis April 2024 schnitten Large Caps deutlich besser ab als Small Caps. Schätzungen zufolge lag die kumulierte Renditedifferenz bei über 100 Prozentpunkten. „Dies ist vor allem auf die außergewöhnliche Performance einiger weniger sehr großer Technologieunternehmen zurückzuführen“, so Boydak. Während Large Caps auch stark von Kapitalzuflüssen in passive Investments profitierten, blieben viele Small Caps hinter der allgemeinen Marktentwicklung zurück. „Das ist jedoch untypisch und hat ihre Bewertung auf ein historisch niedriges Niveau gedrückt“, sagt Boydak.
Der sogenannte Size-Effekt wurde bereits in den 1980er-Jahren von Rolf Banz dokumentiert und später von Eugene Fama und Kenneth French weiterentwickelt. Ihre Forschung zeigt, dass Small Caps über lange Zeiträume hinweg tendenziell höhere risikoadjustierte Renditen erzielen als Large Caps. Dieses Phänomen wurde später in das Fama-French-Drei-Faktoren-Modell integriert, das bis heute als eines der wichtigsten Modelle zur Erklärung von Aktienrenditen gilt.
Aktuell werden Small Caps im Vergleich zu Large Caps mit einem deutlichen Bewertungsabschlag gehandelt. Kennzahlen wie das Kurs-Buchwert- und Kurs-Gewinn-Verhältnis deuten darauf hin, dass die Differenz größer ist als in den meisten Zeiträumen der vergangenen zwanzig Jahre. „Doch jetzt zeigen sich erste Anzeichen einer Kapitalrotation“, sagt Boydak. „Historisch setzten Small Caps immer dann zur Aufholjagd an, wenn sich etwa extreme Marktkonzentrationen auflösten.“ Tatsächlich hat sich die Konzentration im S&P 500 zuletzt auf einem außergewöhnlich hohen Niveau zugespitzt: Die zehn größten Aktien machten zeitweise rund ein Drittel des Indexgewichts aus, während die 100 größten Titel für über 70 Prozent des Index standen. „Eine derart hohe Konzentration war in der Vergangenheit oft ein Vorbote für Marktverschiebungen“, so Boydak.
Im Russell 2000 hingegen machen die Top-10-Aktien lediglich drei Prozent des gesamten Indexgewichts aus und die 100 größten Titel haben nur einen Anteil von 22 Prozent. „Das bedeutet eine wesentlich breitere Diversifikation der Renditequellen und eine geringere Abhängigkeit von wenigen Einzeltiteln“, sagt Boydak. „So ist zum einen der Gesamtmarkt der Small Caps historisch günstig bewertet, vor allem aber bieten viele hochprofitable, bilanziell solide und stark wachsende Unternehmen aktuell attraktive Einstiegsmöglichkeiten.“ Viele dieser Unternehmen wurden in den vergangenen Jahren trotz robuster Fundamentaldaten massiv abgestraft und weisen nun eine außergewöhnlich günstige risikoadjustierte Renditeerwartung auf.
Neben der historischen Unterbewertung liefern auch aktuelle Markt- und Konjunkturdaten Hinweise auf eine Rückkehr des Size-Effekts. So stehen Small Caps beim erwarteten Gewinnwachstum vor Large Caps, während ihre Bewertungen gleichzeitig auf mehrjährigen Tiefstständen liegen. „Dazu kommen makroökonomische Rahmenbedingungen“, sagt Boydak. „Geplante fiskalpolitische Maßnahmen in den USA und teilweise auch in Europa – Steuersenkungen, Deregulierung und erhöhte Infrastrukturausgaben – könnten insbesondere kleineren Unternehmen zugutekommen.“
Darüber hinaus zeigt sich seit Jahresbeginn 2025 eine deutliche Schwäche bei einigen der zuvor dominierenden Magnificent Seven: Unternehmen wie Alphabet, Amazon und Tesla verzeichneten zweistellige Kursverluste. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte dies die Kapitalrotation hin zu Small Caps weiter begünstigen. Erste Anzeichen für diese Entwicklung hatte es bereits im dritten Quartal 2024 gegeben: Small Caps erzielten phasenweise eine überdurchschnittliche Performance gegenüber Large Caps. Der Russell 2000 Value Index performte spürbar besser als der S&P 500 und lieferte ein erstes Signal für eine mittelfristige Trendwende. „Falls sich die hohe Bewertung einiger marktführender Large Caps nicht halten sollte, könnten Kapitalströme verstärkt in unterbewertete, aber fundamental starke Small Caps fließen“, so Boydak.
Die derzeitige Bewertungslücke zwischen Small Caps und Large Caps bietet langfristig orientierten Anlegern attraktive Einstiegsmöglichkeiten. Besonders qualitativ hochwertige, stark unterbewertete Small Caps haben das Potenzial, überproportional zu profitieren. „Genau diese Titel stehen im Fokus unseres Investmentansatzes“, sagt Boydak.