Nach den US-Präsidentschaftswahlen hat sich, insbesondere mit Blick auf 2025, bei den Konjunktur- und Markterwartungen ein außerordentlich hoher Konsens gebildet.
Basierend auf den bisher bekannten Ankündigungen Trumps werden für die USA ein solides Wirtschaftswachstum und deshalb auch starke Aktienmärkte, ein fester US-Dollar, ein höheres Staatsdefizit und entsprechend höhere langfristige Zinsen erwartet. Hohe Konsenserwartungen sind allerdings an den Finanzmärkten meist bereits eingepreist. Nur wenige vom Konsens abweichende neue Entwicklungen würden reichen, um die Kurse von erwartenden Trends abzulenken.
Da die globale Liquiditätsversorgung der Finanzmärkte trotz Drosselung im Moment noch mehr als ausreichend ist, rechnen wir zu Beginn des Jahres 2025 mit monetärem Rückenwind für die Aktien- und Kreditmärkte. Allerdings begünstigt dieses Umfeld auch einen Wiederanstieg der Inflationsraten und generiert damit Aufwärtsdruck bei den langfristigen Staatsanleihenzinsen. Dieser Druck könnte durch weitere Leitzinssenkungen der Notenbanken sowie durch die steigende Staatsverschuldung in vielen Industrieländern verstärkt werden. Zudem dürfte die sinkende Liquiditätszufuhr mit der üblichen Verzögerung von drei bis sechs Monaten auf die börsenrelevanten Geldmengen durchschlagen. Somit würde sich der monetäre Rückenwind für die Märkte insgesamt in einen Gegenwind drehen.
Die steigenden langfristigen Zinsen in verschiedenen Ländern sind bereits jetzt ein Störfaktor für die Aktienmärkte. Viele positive Erwartungen sind eingepreist, was jederzeit zu vorübergehenden Enttäuschungen und erhöhter Volatilität führen kann. Trotzdem sind die derzeit laufenden Trends vorerst noch intakt und konkrete Signale für eine Risikoreduktion in den Portfolios sollten noch abgewartet werden. Diese Signale wären erstens ein Rückgang der derzeit noch steigenden Geldmengen M2, die zudem auch ein guter Indikator für die weitere Inflationsentwicklung sind. Zweitens, ein Anstieg des japanischen Yen gegenüber dem US-Dollar als Vorbote für globale Kapitalrückflüsse nach Japan und damit fallende Finanzmarktliquidität. Und drittens, ein Anstieg der 10-jährigen US-Staatsanleihenzinsen in den Bereich um 5,25%.
Sobald eines oder mehrere dieser Signale zur Risikoreduktion gegeben sind, steigt das konjunkturelle Abkühlungsrisiko, welches sowohl inflations- als auch zinsdämpfend wirkt. Dabei sollte das Aktienrisiko deutlich reduziert und dafür die Duration erhöht werden. Sowohl Unternehmens- als auch Wandelanleihen, die ein asymmetrisches Kursverhalten aufweisen, schneiden in solchen Stressszenarien besser ab als Aktien. Dabei sind solide Schuldnerbonitäten essenziell. Gold, Bitcoin und der US-Dollar wiederum dürften sich dann abschwächen.
Zudem ist im Fall der steigenden Staatsanleihenzinsen in den Bereich von 5,25% mit einem Eingreifen der Zentralbanken, insbesondere der Fed, zu rechnen, um den Zinsanstieg am langen Ende zu dämpfen – mit Staatsanleihenkäufen – und gleichzeitig die Inflation mit Zinserhöhungen am kurzen Ende der Zinskurve zu bekämpfen. Eine solche gleichzeitige Kombination einer monetär expansiven Maßnahme (Staatsanleihenkäufe) und einer restriktiven Maßnahme (Erhöhung der kurzfristigen Zinsen) wird als ‚Operation Twist‘ bezeichnet. Sie ist per Saldo geldpolitisch neutral und wurde schon verschiedentlich von der Fed angewendet.
Ein solcher Zinsanstieg würde die US-Regierung unter Donald Trump wiederum zu Anpassungen ihres Programms zwingen. Denkbar wären hier weniger Steuersenkungen und tiefere Staatsausgaben als geplant, um das Defizit zu senken und damit den Zinsanstieg zu dämpfen. Insgesamt wäre dies kurzfristig zwar schmerzhaft für das Wirtschaftswachstum, langfristig dagegen sehr nachhaltig. Es würde auch Zinssenkungen durch die Fed erlauben und insgesamt die Konjunktur und private Investitionen fördern. Damit würde auch die hohe Abhängigkeit der US-Wirtschaft vom privaten Konsum reduziert und weitere Exzesse korrigiert.
Das letztere Szenario wäre ein weiterer Grund, weshalb die eingangs erwähnten Markterwartungen (Konsens) nicht erreicht werden und es sogar zu einer markanten Abkühlung kommen könnte, aber begleitet von fallender Inflation und tiefen Zinsen. Die Ausgangslage für einen darauf folgenden Aufschwung wäre in diesem Fall äußerst vielversprechend. Alles in allem sollten sich Anleger nach einem bis dato sowohl für Aktien- als auch Anleiheninvestoren erfiolgreichen Jahr 2024 auf ein 2025 einstellen, in dem Rücken- und Gegenwind extremer wechseln können als dieses Jahr geschehen. Generell sind wir optimistisch, vorausgesetzt die geopolitischen Spannungen nehmen nicht weiter zu, dass auch 2025 ansprechende Renditen möglich sind, insbesondere wenn die erwähnten möglichen Verkaufssignale rechtzeitig berücksichtigt werden.