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Donnerstag, 21. November 2024
   
 

Burn, Baby, burn!

... von Alexis Bienvenu, Fondsmanager bei LFDE



Die Wahl von Donald Trump hat einen Flächenbrand ausgelöst: Ob in der Politik, der Gesellschaft oder an der Börse, überall lodert es. Zweifellos werden nach seinem offiziellen Amtsantritt am 20. Januar 2025 auch Wirtschaft und Geopolitik betroffen sein.

Das Feuer hat die Märkte bereits erfasst. Nach der Wahl haben US-Large-Caps bis zum 14. November über 4 % zugelegt, während der weltweite Index ohne US-Werte um mehr als 2 % nachgegeben hat (in US-Dollar). Die Zinsen steigen hingegen, was Ausdruck der Inflationsängste der Anleger ist, und der US-Dollar wertet gegenüber allen anderen Währungen auf.

Kursfeuerwerk für US-Large Caps, Banken und Tesla

Doch diese weltweiten Entwicklungen sind noch gar nichts im Vergleich zu den Bränden, die von Trump direkt angefacht werden. Das gilt nicht nur für Tesla, dessen Aktie infolge der Aufnahme von Elon Musk in das Team des Präsidenten innerhalb von einer Woche nach den Wahlen einen Kurssprung von 40 % machte. Das gilt vor allem und auf deutlich systemischere Weise für die großen Banken, die um 11 % zulegten, und in noch stärkerem Maße für die kleineren, die ein Plus von 13 % verzeichneten.

Dafür gibt es einen einfachen Grund: Trump verspricht, ganz allgemein Vorschriften zusammenzustreichen. Auch wenn bislang noch nichts Näheres zum Finanzwesen bekannt wurde, rechnet der Markt damit, dass die aufsichtsrechtlichen Vorschriften, die die Banken belasten, gelockert oder zumindest nicht verschärft werden. Dies wäre nämlich der Fall gewesen, wenn entschieden worden wäre, das Basel III-Abkommen zur Verstärkung der Bankenaufsicht auch in den USA anzuwenden. Es könnte sogar sein, dass auch ein Teil der noch verbleibenden Vorschriften den Flammen zum Opfer fällt, die nach der Finanzkrise von 2008 eingeführt wurden. Sie sind im Dodd-Frank Act zusammengefasst, der 2010 unter der Präsidentschaft von Obama verabschiedet wurde. Mit diesem Gesetz wurde die Bankenaufsicht verschärft und den Instituten vorgeschrieben, mehr Reserven zu bilden, um für Krisen gerüstet zu sein, und weniger Risiken auf den Märkten einzugehen. Doch 2018, während seiner ersten Amtszeit, hatte Trump ein Gesetz verabschieden lassen, das diese Auflagen lockerte. Insbesondere die Schwelle, ab der Banken strenger von der US-Notenbank (Fed) beaufsichtigt werden, wurde von Aktiva in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar auf 250 Milliarden US-Dollar angehoben. Hierdurch sank die Anzahl der Banken, die dieser Kontrolle unterliegen, von 38 auf 12.

Brandschutzmauern bei US-Banken fallen

Auch wenn sich die Banken selbst oder zumindest ihre Aktionäre über die Hoffnung auf eine erneute Lockerung nur freuen können, stellt sich die Frage, ob es der amerikanischen Wirtschaft und – angesichts der engen Verflechtungen in der Finanzwelt – damit auch der Weltwirtschaft wirklich besser gehen wird. Kurzfristig ist es durchaus möglich, dass die Vergabe von Krediten und Investitionen in die Wirtschaft begünstigt werden. Dabei braucht die US-Wirtschaft heute zugegebenermaßen kaum neue Anreizmaßnahmen – vielleicht einmal abgesehen von den Sektoren Gewerbeimmobilien und Infrastrukturen. Denn sie erhält bereits Unterstützung durch den von Joe Biden eingeführten Inflation Reduction Act, das rekordhohe Haushaltsdefizit, das Wachstum von fast 3 % und den erwarteten Zinssenkungen seitens der Fed. Vor allem auf lange Sicht wird die Zerstörung der mit dem Dodd-Frank Act eingerichteten Brandschutzmauern die Wirtschaft allerdings verletzlicher machen. Dies zeigt die jüngste Krise der Regionalbanken. Nachdem einige kleine und mittelgroße Banken durch die Reform Trumps im Jahr 2018 von bestimmten Vorschriften entbunden waren, geriet ihre Solidität aufgrund der Zinsanhebungen Anfang 2023 in Gefahr. Vier von ihnen, darunter die Silicon Valley Bank und die First Republic Bank, mussten Konkurs anmelden. Der Index der Regionalbanken brach in dieser Zeit in nur wenigen Wochen um 30 % ein. Glücklicherweise wurden die Schäden mit Unterstützung seitens der Megabanken und der Fed eingedämmt, und in einem unaufhörlichen Bemühen um Ausgewogenheit wurde die Aufsicht der kleinen Banken anschließend wieder verstärkt.

Folgt auch in Europa die Deregulierung?


Hat Trump aus dieser Krise gelernt, die er mit seiner Reform von 2018 indirekt gefördert hatte? Angesichts der Tatsache, dass er unablässig auf Deregulierung schwört, darf man das bezweifeln. Noch schlimmer ist, dass sich die Zurückhaltung bei der Begrenzung des Bankenrisikos auf Europa ausweiten könnte. Denn laut dem Gouverneur der Banque de France, François Villeroy de Galhau, könnte Europa versucht sein, die Umsetzung der letzten Teile der Vorschriften des Basel III-Abkommens aufzuschieben, um nicht allzu sehr unter der Konkurrenz durch die amerikanische Finanzwelt zu leiden, die von zahlreichen Schutzmaßnahmen befreit ist.

Die Politik der aufsichtsrechtlichen Brandrodung wird sich zwar – so wie die nach dem Motto „Drill, Baby, drill[1]“ – auf kurze Sicht zum Anheizen der Wirtschaft als wirkungsvoll erweisen und für einen strahlenden Beginn der zweiten Amtszeit Trumps sorgen. Doch das Ausmaß dieses Freudenfeuers wird auch für die Menge der zu entsorgenden Asche maßgebend sein.

[1] „Drill, Baby, drill“ ist der Slogan der Verfechter der Förderung fossiler Energieträger in den USA.

 

Veröffentlicht am: 20.11.2024

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