Sexistisches, ausgrenzendes Verhalten auf Männerseite, unterschätztes Wissen auf Frauenseite, dringender Schulungsbedarf zu Gender-Bias - das sind nur drei Knackpunkte für mangelnde Diversität in Wissenschaft und Tech-Branche. Die Punkte sind bekannt, doch müssen sie immer und immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden. Daher fordert das Innovationsmagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe "Frauen vor!" und erörtert, wie die Tech-Branche weiblicher und damit innovativer werden kann.
"Frauen finden in technischen Studiengängen oftmals ein männliches Sozialverhalten vor, das sie ausgrenzt und ihnen vermittelt, nicht dazuzugehören", schreibt Luca Caracciolo, Chefredakteur von Technology Review im Editorial. Im Gespräch mit vielen Frauen aus der Forschung habe er erfahren, wie schwer es ist, solche Widerstände zu überwinden.
Tatsächlich belegen Studien, was wir als Gläserne Decke bezeichnen: Bereits in der Schule fördern Lehrkräfte unbewusst Jungen stärker als Mädchen. Das zieht sich durch bis in die hohen Hierarchie-Ebenen. "Die Gläserne Decke lässt zwar Einblicke zu, was für Frauen möglich wäre, aber in der Praxis ist sie häufig undurchdringlich", sagt Caracciolo. Verantwortlich sind vor allem gesellschaftliche Umstände. So berichten Frauen von eindeutig sexistischem oder ausgrenzendem Verhalten ihres Umfelds an der Uni. Männer, so die Wissenschaftlerinnen, müssen im Hier und Jetzt verantwortlich gemacht werden.
Hinzu kommt die Sache mit dem Halbwissen: Während Frauen ihr Wissen eher unterschätzen, geben sich ihre männlichen Kommilitonen selbstbewusst, sogar mit Halbwissen. Später suchen Männer eher ihresgleichen und vergeben Positionen unter sich. Auswahlkommissionen und Lehrende bräuchten daher dringend Schulungen zum Gender-Bias, um diesen zu durchbrechen.
Die befragten Frauen sehen den Mangel an Diversität als hohes Risiko für erfolgreiche Wissenschaft und sagen: mehr Sichtbarkeit ist jetzt nötig. Vielfalt bedeute aber nicht nur, den Frauenanteil in Disziplinen zu erhöhen, in denen sie unterrepräsentiert sind. Auch soziale und strukturelle Aspekte zählen dazu. Es haben beispielsweise nur jene Chancen im System, die sich ein Studium, die Promotion und Teilnahme an Forschungsprojekten finanziell leisten können. Zudem sorgt der sogenannte Befristungsmarathon dafür, dass Nachwuchsforschende ständig auf dem Sprung sind und sich kein adäquates Netzwerk aufbauen können.
Mehr zum Thema Frauen in der Wissenschaft gibt es im Magazin sowie in der aktuellen Folge des gleichnamigen Podcasts "MIT Technology Review Der Podcast" .
Technology Review ist das Innovationsmagazin im Spannungsfeld von Wissenschaft und Wirtschaft und erscheint acht Mal im Jahr im Hannoveraner Heinz Heise Verlag.
Bild: Technology Review