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Freitag, 29. März 2024
   
 

Das Krisenprogramm PEPP hat die Wahrnehmung der EZB verändert

... so Maria Luisa Matarrelli, Head of Developed and Emerging Government Bonds & Fx bei Eurizon

Vor fast genau sechs Monaten hat die Europäische Zentralbank (EZB) am 26. März das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) zur Bekämpfung der Folgen der Coronavirus-Pandemie gestartet.

Dieses flexible und präventive Krisenprogramm habe die Wahrnehmung der Zentralbank durch die Märkte verändert, die die EZB bislang als lediglich reaktiv gegenüber systemischen Stressphasen gesehen hätten, sagt Maria Luisa Matarrelli, Head of Developed and Emerging Government Bonds & Fx beiEurizon, dem Vermögensverwalter der italienischen Bankengruppe Intesa Sanpaolo.

Maria Luisa, welche mit dem PEPP verbundenen Ziele hat die EZB in den vergangenen sechs Monaten erreicht?
Maria Luisa Matarrelli:
Das PEPP wurde im März von der EZB ins Leben gerufen, um dem steigenden Risiko einer Fragmentierung zwischen den Ländern des Euroraums und einer ungeordneten Verschärfung der Finanzierungsbedingungen entgegenzuwirken. Im Juni kam dann ein zweites Ziel hinzu, nämlich der Inflationsrate im Euroraum zu helfen, auf den Pfad vor der Pandemie zurückzukehren. Der bedeutende Unterschied zwischen diesem Programm und dem traditionellen APP ist seine Flexibilität, da es nicht den Kapitalschlüssel erfüllen muss. Darüber hinaus werden die PEPP-Bestände nicht bei der Berechnung des Emittenten-Limits (33 Prozent für Staaten und 50 Prozent für supranationale Emittenten) berücksichtigt. Dieses hohe Maß an Flexibilität hat es der EZB ermöglicht, zu Beginn des Programms präventiv zu handeln. Das heißt, dass sie Vermögenswerte nicht in einem vorgegebenen Tempo erworben hat, sondern dass sie über alle Anlageklassen hinweg entsprechend der Bedrohung für das Mandat der EZB gekauft hat. Heute lässt sich sagen, dass das erste Ziel, nämlich die Zurückführung der Fragmentierung zwischen den Ländern des Euroraums, und das Ermöglichen eines geordneten Funktionierens des Markts erreicht wurde: das Niveau der BIP-gewichteten Renditen über fünf und zehn Jahre, ein Maß für die Finanzierungsbedingungen im Euroraum, ist nicht nur niedriger als im März, sondern auch das niedrigste im G4-Raum. Die Beibehaltung lockerer Finanzierungsbedingungen hat auch dazu beigetragen, die Kreditkosten der Regierungen zu senken, so dass diese die fiskalische Unterstützung fortsetzen konnten, die sich bisher als äußerst erfolgreich bei der Aufrechterhaltung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte während der Pandemie erwiesen hat.

Und welche Ziele hat die EZB nicht erreicht?
Maria Luisa Matarrelli:
Das zweite Ziel des PEPP, das im Juni von EZB-Präsidentin Christine Lagarde hinzugefügt wurde, war es, der Inflationsrate im Euroraum dabei zu helfen, auf den Pfad vor der Pandemie zurückzukehren. Der Umfang des Programms wurde mit diesem neuen Ziel konsequent von 750 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro erhöht. Noch ist es aber zu früh, um ein Urteil über dieses zweite Ziel abzugeben: Die Pandemie hat den Inflationspfad verschlechtert, und es ist sehr schwierig, das Verhalten der Inflationsrate zu extrapolieren, ohne dass die EZB das PEPP eingeführt hätte. Betrachtet man aber die jüngste Änderung des geldpolitischen Rahmenwerks der Federal Reserve bei der Inflation, nämlich das künftige Abzielen auf eine durchschnittliche Teuerung, so hat man den Eindruck, dass die EZB bei der Revision der geldpolitischen Strategie etwas hinterherhinkt. Mit der Einführung des PEPP als geldpolitisches Instrument konnte die EZB die Verzögerung bei der Revision des geldpolitischen Rahmens aber durch einen pragmatischen Ansatz ausgleichen: Das PEPP ermöglicht es der EZB, zeitlich flexibel zu kaufen, und zwar über Jurisdiktionen und Anlageklassen hinweg.

Welche Lehren kann man nach sechs Monaten PEPP ziehen?
Maria Luisa Matarrelli:
Die Einführung des Krisenprogramms PEPP und die Vorabkäufe mit signifikanten Abweichungen vom Kapitalschlüssel haben die Wahrnehmung der EZB verändert. Die Investoren waren daran gewöhnt, eine reaktive Haltung der EZB gegenüber systemischen Stressphasen zu sehen. Die Flexibilität des PEPP hat es der Zentralbank jetzt ermöglicht, präventiver zu wirken, indem sie Teile des Kaufprogramms in die kritischsten Phasen vorgezogen und das Tempo in den letzten Wochen, in denen es weniger dringlich war, verlangsamt hat. Dieses Flexibilitätselement ist für die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank von wesentlicher Bedeutung, um die Übertragung der Geldpolitik sicherzustellen und so Wachstum und Inflation anzutreiben.

Wie groß ist die Gefahr, dass durch das PEPP auch Unternehmen am Leben gehalten werden, die am Markt ansonsten nicht bestehen würden?
Maria Luisa Matarrelli:
Das PEPP war bislang eher auf Staatsanleihen ausgerichtet, weshalb Unternehmensanleihen auch nur einen sehr kleinen Teil der Bestände in einer Größenordnung von vier Prozent ausmachen. Die EZB kann nur Unternehmensanleihen von Nicht-Banken mit einem Mindest-Rating von „BBB-“ bei S&P, Fitch, Moody's und DBRS kaufen, wobei aber auch der Erwerb von Hochzinsanleihen erlaubt werden kann, wenn eine der Rating-Agenturen ein Unternehmen mit Investment-Grade-Bonität bewertet hat. Die Ankündigung der Maßnahmen bei Unternehmensanleihen sowohl im PEPP als auch im traditionellen APP war sehr nützlich, um die Kreditkosten der Unternehmen zu senken und eine Kreditklemme zu vermeiden, die zu einem dramatischen Einbruch der Wirtschaftstätigkeit hätte führen können, wie es nach der großen Finanzkrise der Fall war. Die Coronavirus-Pandemie ist ein exogener Schock, der Finanzierungsdruck auslösen kann, der die allgemeine Situation womöglich durch einen Anstieg der Ausfallraten weiter verschlechtern würde. Die EZB hat daher beschlossen, im Rahmen einer allgemeinen Strategie eine Reihe von Instrumenten zur Lockerung der Finanzierungsbedingungen einzusetzen: die Abweichung des PEPP vom Kapitalschlüssel, die günstigen Konditionen bei TLTRO und die Programme für Unternehmensanleihen. All diese Instrumente haben sich bei der Stabilisierung der Finanzierungsbedingungen als sehr nützlich erwiesen.

Das PEPP soll mindestens bis Juni 2021 laufen. Wird die EZB das Programm verlängern müssen?
Maria Luisa Matarrelli:
Der allgemeine Kontext eines niedrigen Potenzialwachstums und einer niedrigen Inflation stellt sicher, dass die wichtigsten Zentralbanken der Welt eine Strategie verfolgen werden, um Schwankungen der Zinsen zu unterdrücken und die Liquiditätsbedingungen sehr locker zu halten. Die quantitativen Lockerungsstrategien sind ein wesentlicher Bestandteil des Instrumentariums der Zentralbanken und werden massiv eingesetzt werden, da die Zentralbankzinsen weltweit am unteren Rand liegen. Die EZB hat bereits so etwas wie Zurückhaltung bei der Senkung des Einlagensatzes in noch tiefer negatives Terrain gezeigt, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das PEPP verlängert werden wird, wenn die Inflationsrate im Juni 2021 weit vom vor der Pandemie herrschenden Pfad entfernt sein wird.

 

Veröffentlicht am: 28.09.2020

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