
China denkt in Zyklen, genauer gesagt in Fünfjahresplänen. Im Oktober hat die Kommunistische Partei des Landes den Entwurf des strategischen Rahmens für die Jahre 2026 bis 2030 beschlossen. Und bereits jetzt steht fest: China bricht mit alten Traditionen.
„Beim 15. Fünfjahresplan steht erstmals kein Wachstumsziel mehr im Mittelpunkt“, sagt der Bad Homburger Vermögensverwalter Kay-Peter Tönnes. „Stattdessen soll die technologische Unabhängigkeit forciert werden – und mittelfristig die Führungsrolle in zentralen Zukunftsindustrien.“ Der neue Plan ziele auf „qualitatives Wachstum“: technologische Souveränität, wirtschaftliche Resilienz und eine stärkere Binnennachfrage statt Exportabhängigkeit. „China will unabhängiger werden – wirtschaftlich, technologisch und geopolitisch“, so Tönnes. Die Führung in Peking setze bewusst auf nationale Stärke statt auf internationale Vernetzung.
Besonders deutlich werde das im Technologiesektor: „China will die etablierten Industrieländer des Westens bei Künstlicher Intelligenz, E-Mobilität, grüner Energietechnik, Quantencomputern und Biotechnologie überholen. Nicht über den Kapitalmarkt, sondern über staatlich gelenkte Investitionen“, erklärt Tönnes. Ziel sei das „chinesische 21. Jahrhundert“, in dem das Land zur dominierenden Wirtschaftsmacht werde. „Wenn China es schafft, das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen auf westliches Niveau zu heben, würde es für die Hälfte der Weltwirtschaft stehen“, so der Anlagestratege. Diese strategische Neuausrichtung hat geopolitische Dimensionen: China strebe Dominanz in der eigenen Hemisphäre an, um seine Seewege und Rohstoffimporte abzusichern, Taiwan eingeschlossen. Gleichzeitig verschärfe sich der „Tech-Krieg“ mit den USA, der über globale Macht und Währungsführerschaft entscheiden werde.
Für Anleger birgt dieser Kurswechsel Chancen, aber auch erhebliche Risiken. „China bleibt ein Hochrisikomarkt“, warnt Tönnes. „Denn der Erfolg dieser Strategie ist keineswegs sicher. Doch der geplante Investitionsboom ab 2026 wird zunächst die Weltkonjunktur stärken – und über einen erhöhten Zulieferungsbedarf auch europäischen Technologieunternehmen neue Aufträge bescheren.“