Wer Gold und US-Anleihen außen vorlässt, ist als Anleger bei den sogenannten “sicheren Häfen” schnell mit seinem Latein am Ende. Doch gibt es nicht auch Aktien, auf die man im Angesicht eines turbulenten Marktes setzen kann, weil sie ähnlich solide sind wie Edelmetall und Bonds? Die Antwort: ja, mitunter schon.
In einem volatilen Börsenumfeld wie dem aktuellen gelten neben Gold und US-Staatsanleihen bestimmte Aktien tatsächlich als klassische "sichere Häfen", insbesondere aus den Sektoren Consumer Staples (Konsumgüter) und Versorger (Utilities).
Die relative Resilienz dieser Sektoren beruht auf einer stabilen Nachfrage und oft auch auf soliden Dividenden – was sie speziell in unsicheren Zeiten attraktiv macht. Mit Consumer Staples bezeichnet man Unternehmen, die alltägliche Güter wie Lebensmittel, Getränke oder Hygieneprodukte herstellen. Sie profitieren unabhängig von der Wirtschaftslage von einer konstanten Nachfrage – Menschen kaufen eben immer Zahnpasta oder Brot, auch in einer Rezession. Ähnliches gilt für den Sektor Versorger: Strom, Gas und Wasser sind unverzichtbar, und die Nachfrage bleibt stabil. Energieversorger operieren zudem in regulierten Märkten, was ihre Einnahmen vorhersehbar macht.
All diese Faktoren machen diese Bereiche vergleichsweise defensiv, d.h. sie tendieren dazu, in Krisenzeiten weniger stark zu fallen als der breitere Markt, wie er etwa durch die Indizes S&P 500 oder DAX abgebildet wird. Durch die fixe Ausschüttung erwähnter Dividenden bieten die Aktien aus den beiden Branchen oftmals ein gewisses Maß an Absicherung.
Klassische “Consumer Staples” in den USA sind:
Procter & Gamble (Börsenkürzel PG) ist deshalb interessant, weil der Konzern Weltmarktführer für Konsumgüter mit Marken wie Pampers, Tide und Gillette ist. Das Unternehmen weist stabile Cashflows auf – und eine Dividendenrendite von ca. 2,5 Prozent (Stand Frühjahr 2025). Besonders bemerkenswert ist, dass Dividendenzahlungen über 60 Jahre Procter & Gamble zu einem "Dividenden-Aristokraten" machen.
Als eine der bekanntesten globalen Marken der Welt überzeugt Coca-Cola (KO) Kunden und Anleger mit diversifiziertem Getränkeportfolio. Dieses sorgt dafür, dass die Nachfrage auch in Rezessionen robust bleibt, zudem federt eine Dividendenrendite von rund 3 Prozent ab. Die Kombination aus starker Preismacht und weltweiter Präsenz reduziert die Volatilität der Aktie auch in turbulenten Phasen.
Southern Company (SO) ist einer der größten Stromversorger im Südosten der USA. Das Unternehmen profitiert insofern von den regulierten Märkten, als diese für stabile Einnahmen sorgen – eine Dividendenrendite von ca. 3,5 Prozent tut ihr Übriges. Fantasie für langfristiges Wachstum erhält die Southern-Company-Aktie durch Spekulationen auf Investitionen in erneuerbare Energien.
Aktien von Unternehmen aus dem Bereich Konsumgüter finden sich aber auch in Europa, z.B.:
Als Weltmarktführer bei Lebensmitteln und Getränken (Nescafé, KitKat) verfügt Nestlé (NESN, Schweiz) über eine solide Bilanz, die Dividendenrendite liegt bei ca. 3 Prozent. Gemäß dem Motto „Gegessen wird immer“ verleihen die Schweizer mit ihrer globalen Diversifikation und dem Fokus auf Premiumprodukte einem Aktienportfolio Stabilität.
Das breite Markenportfolio (Dove, Knorr, Ben & Jerry’s) von Unilever (ULVR, UK/Niederlande) überzeugt ebenfalls mit einer starken Präsenz – in Europa ebenso wie in Schwellenländern. Neben der Dividendenrendite von 3,5 Prozent spricht auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens unter langfristigen Aspekten für ein Aktienengagement.
Als einer der größten deutschen Stromversorger mit starkem Fokus auf erneuerbare Energie verbindet RWE (RWE, Deutschland) Renommee und Vision. Letztere sorgt auch dafür, dass die aktuelle Dividendenrendite von rund 3 Prozent nachhaltig sein dürfte: Der Wandel von Kohle zu Wind- und Solarenergie macht RWE zukunftssicherer als früher.
Zwar nehmen derzeit Sorgen über eine Rezession, ganz besonders in den USA, zu. Um zu prüfen, inwieweit obige Unternehmen als sogenannte “Antizykler” gelten können und aus skizzierten Gründen stabile Erträge für Anleger versprechen, lohnt ein Blick auf die historische Performance ihrer Aktien in Relation zum breiten Markt.
Schauen wir demnach auf frühere Krisen, z.B. die Finanzkrise 2008/2009 oder den Corona-Crash 2020 und hierbei vor allem auf US-Aktien:
Consumer Staples:
In der Finanzkrise 2008 fiel der S&P 500 um ca. 55 % (Höchststand zu Tiefststand), während der Sektor Consumer Staples (z.B. via XLP ETF) nur um ca. 30 % nachgab.
2020: S&P 500 -34 %, Consumer Staples -15 bis -20 %.
Beispiele wie Procter & Gamble oder Nestlé verloren oft nur halb so viel wie der Markt und erholten sich anschließend schneller.
Versorger:
2008: S&P 500 -55 %, Utilities (z.B. via XLU ETF) ca. -35 %.
2020: S&P 500 -34 %, Utilities ca. -10 bis -15 %.
Unternehmen wie Southern Company oder RWE zeigen oft geringere Verluste, da ihre Einnahmen stabil bleiben.
Fazit: Von Aktien aus Sektoren wie Consumer Staples oder Versorgern als “sichere Häfen” zu sprechen mutet im ersten Moment seltsam an, haben sich diese doch zuletzt ebenfalls negativ entwickelt. Dabei sollte aber nicht ausgeblendet werden, dass Aktien, die weniger stark fallen als der Gesamtmarkt, anschließend auch weniger stark steigen müssen, um ihre alten Höchststände wieder zu erreichen. Hinzukommt, dass durch die anhaltenden, soliden Cash Flows weiterhin attraktive Dividenden gezahlt werden können – und somit am Ende des Tages dem Anleger dennoch ein attraktiver Kapitalfluss erhalten bleibt.