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Donnerstag, 28. März 2024
   
 

Unvergessene Weihnachten - die achtzehnte Geschichte

Mein Weihnachtsvergnügen von Romano C. Failutti



Rinteln/Weser, Kreis Schaumburg, Niedersachsen;Weihnachten 1994

Dieses Jahr kam ich lange nicht in diese zauberhafte vorweihnachtliche Stimmung. Obwohl alle dafür notwendigen Utensilien – vom Adventskranz bis zu diversen Räuchermännchen – aufgebaut waren und ich sogar den Recorder im Auto mit Weihnachtskassetten fütterte, um mich auf diese Weise entsprechend einzustimmen, es packte mich nicht wie früher.

Ob‘s an dem warmen Wetter lag, das sogar die Gänseblümchen hervorlockte, an der allgemeinen Hektik, den Horrormeldungen aus der ganzen Welt von Kriegen und Gewalttaten, Gemeinheiten in nah und fern?
Bekanntlich kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Ob‘s daran lag?
Oder verdarb mir dieser rosa eingefärbte Plastikweihnachtsrummel, der immer mehr über den großen Teich zu uns hereinschwappt, die Vorfreude auf das große Fest?
Also, dieses Jahr war ich wohl ziemlich stimmungsresistent. Lag‘s daran, daß man älter geworden ist und die Tochter aus dem Haus ist?
Aber so abrupt?
Na, es läßt eben mit der Zeit alles nach. Stimmt aber auch nicht ganz. In Manchem bin ich sogar verrückter geworden, zum Beispiel im Notizenmachen. Ich notiere alles! Und ich räume viel auf!
Aber nicht alles, nee, nur was mir Spaß macht. Das jedoch voller Leidenschaft. Meine Marianne behauptet allerdings, ich würde überhaupt nicht aufräumen. Ich stellte alles, was ich in die Hand nähme, nach eingehender und langwieriger Betrachtung von einem Platz auf den anderen. „Was willst du? Ich bin eben ein kontemplativer Mensch“, verteidige ich mich dann.
Und sie spottet: „So kann man das auch nennen. Aber ich sehe in dir mehr den Chaoten.“

Immerhin, die Stimmung kam doch noch, wenn auch spät, als ich vor dem Fest ein paar Urlaubstage nahm, mich in meine alten Klamotten warf, mir eine liebliche Weihnachtsmusik auf den Plattenteller legte und mich meinen Bücherschränken widmete. Ich gebe zu, ich traf auf eine Anzahl langvermißter, lieber alter Freunde, in denen ich erst ein wenig herumschmökern mußte, einige auch aussortierte, um ihnen später noch intensivere Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen, was sich in neuen Stapeln manifestierte und meine Frau, die ihren Weihnachtsputz vorantreiben wollte, in die Nähe eines Nervenzusammenbruchs brachte. Dafür wollte ich ihr ja ein Fläschchen „Frauengold“ unter den Weihnachtsbaum legen. Als Aufbaumittel, damit sie es mit mir aushielt.

„Solche Stapel hast du voriges Jahr um diese Zeit auch aufgebaut, um dich ihnen dann besonders zu widmen“, zeterte sie, „und dann bist du nicht hindurchgekommen, und manche stehen heute noch da! Seit damals!“
„Ich bringe das alles wieder in Ordnung“, versprach ich. „Während der Feiertage ist doch Muße, alles zu ordnen.“
„Das ist es ja! Du tust es mit Muße, das heißt, du verzettelst dich!“
„Wie wenig du doch von mir weißt!“ schmollte ich beleidigt. „Ich beschäftige mich im Gegenteil sehr intensiv mit meinen Dingen. Ich bitte dich, mir meine Weihnachtsfreude nicht zu verderben. Du weißt, ich mache das seit über 25 Jahren so.“
„Und ich leide seit 25 Jahren darunter“, stöhnte Marianne, „und immer in der Weihnachtszeit! Du schaffst es einfach nicht, deine Bücher zu ordnen, wie du es dir immer vornimmst. Du bleibst an ihnen hängen!“
„Meine Güte! Das ganze Jahr renne ich herum, wie ein Irrer. Nun gönne mir doch wenigstens diese paar Tage!“
„Ich gönne sie dir ja, aber bist du nicht selber enttäuscht, wenn die Zeit vergangen ist und du gar nichts von dem geschafft hast, was du wolltest?“
„Was wollte ich denn?“, fragte ich dumpf.
„Na, aufräumen, deine Bücher ordnen und mal entstauben!“
„Das mach ich schon! Das bekomme ich nebenbei hin! Doch sieh mal, wenn du einen guten Freund triffst, dann sprichst du erstmal mit ihm, und dann erst klopfst du ihm den Staub ab, wenn er sich schmutzig gemacht hat. Du gehst nicht bloß auf ihn zu, entstaubst ihn und läßt ihn laufen!“

„Das ist kein Vergleich!“, wurde meine Marianne jetzt laut, und ich konnte sie gut verstehen. „Wenn du wenigstens in deinem Zimmer bliebest mit deinen Papierhaufen ...“
„Was heißt hier ,Papierhaufen’? Das sind Werke großer Geister!“
„... aber du nimmst die ganze Wohnung damit in Beschlag!“
„Haben wir dieses Thema nicht schon seit Jahren immer um diese Zeit?“
„Eben, eben! Langsam reicht es! Ich will auch mal wie andere Leute unterm Weihnachtsbaum sitzen und nicht immer bloß eingerahmt von meterhohen Bücherstapeln, rechts, links, vorn, hinten …!“
Sie wird sich wieder beruhigen, denke ich. Und ich werde ihr dafür sogar zwei Flaschen „Frauengold“ auf den Gabentisch legen. Dazu habe ich mich fest entschlossen. Schließlich war ich jetzt endlich in der richtigen Stimmung.



Die Geschichte "Mein Weihnachtsvergnügen" ist in Band 4 der Buchreihe "Unvergessene Weihnachten" aus dem Zeitgutverlag Berlin (Preis:  8,90 Euro, ISBN 978-3-933336-73-6) erschienen.

Foto: Pixabay

 

Veröffentlicht am: 18.12.2022

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