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Donnerstag, 28. März 2024
   
 

Unigestion-Marktanalyse: Jetzt den Fuß etwas vom Gas nehmen

... und Chancen nach einer möglichen Korrektur wahrnehmen

Nach vier aufeinanderfolgenden Monaten ununterbrochener Kursanstiege an den Aktienmärkten, nach den massiven globalen Interventionen von Regierungen und Zentralbanken, die diesen Aufschwung ermöglichten, nach einer bislang unvorstellbaren Abschottung der halben Welt, ist es an der Zeit, das Gleichgewicht der Risiken neu zu bewerten.

Es gilt, das korrekt Vorhergesehene von dem noch nicht Abschätzbaren zu trennen und die kurzfristigen Risiken innerhalb des größeren Horizonts zu erwägen. Obwohl wir aufgrund des „exogenen“ Aspekts des Schocks und der anhaltenden beispiellosen Unterstützung der finanziellen und politischen Behörden weiterhin an ein „V-Szenario“ für die Weltwirtschaft glauben, erscheint das kurzfristige Bild eher uneinheitlich. Wir glauben, dass es eine Reihe von technischen Elementen gibt, die die Marktstimmung in den kommenden Wochen beeinflussen könnten. Daher mäßigen wir unsere Übergewichtung von Growth Assets und ziehen innerhalb unserer Multi-Asset-Portfolios verstärkt Absicherungsstrategien in Betracht.

Saisonalität und technische Faktoren...
 
Während der S&P 500 auf den Stand von Anfang Januar zurückkehrte, war der Anstieg an den Aktienmärkten im Juli gleichmäßiger als in den Vormonaten. Die Streuung zwischen Stilen, Sektoren und Ländern war somit geringer. So lieferten beispielsweise der MSCI World und der gleichgewichtete MSCI World im Juli eine ähnliche Performance, obwohl Ersterer den MSCI World seit Jahresbeginn um 6,7 Prozent übertraf. Ein weiteres Beispiel: Der MSCI World Tech war in diesem Monat nicht der Sektor mit der besten Performance. Obwohl er für den Monat eine positive Performance erzielte (plus 1,9 Prozent), verzeichnete der MSCI Word Utilities eine wesentlich bessere Rendite (plus 6,7 Prozent). Historisch gesehen ist eine breitere und globalere Beteiligung an der Rally ein positives Signal für die zukünftige Performance der Aktienindizes.

Trotz dieser positiven Anzeichen sind wir jedoch der Meinung, dass sich das Risikogleichgewicht für die kommenden Wochen aus mehreren Gründen verschlechtert hat: Der erste ist das Momentum der Rally. Der S&P 500 hat in den vergangenen vier Monaten an Kraft gewonnen und eine Performance von 24,5 Prozent erzielt, verglichen mit durchschnittlich 12,5 Prozent für jeden Anstieg des Index in mindestens vier aufeinander folgenden Monaten seit 1970. Welches Signal vermittelt uns dieser Aufschwung? Seit 1970 ist der S&P 500 in nur 15 Prozent der Fälle seit 1970 in vier oder mehr aufeinanderfolgenden Monaten gestiegen. Die durchschnittliche Rendite in den drei Monaten nach einer solchen Rally ist etwas geringer als normal. Die Performance beträgt 1,9 Prozent mit einer Trefferquote von 69 Prozent gegenüber 2,1 Prozent und einer Trefferquote von 67 Prozent für den gesamten Zeitraum. Kurzfristig also nichts Aufregendes. Längerfristig sieht die Situation viel besser aus. Durch die Verlängerung des Zeithorizonts auf zwölf Monate steigt die Durchschnittsrendite auf 10,7 Prozent mit einer Trefferquote von 86,5 Prozent, was viel besser als normal ist. Dies bestätigt unser Szenario einer kurzfristigen Pause, die unsere positive längerfristige Sicht nicht in Frage stellt.

Das zweite Element, das die Attraktivität kurzfristig verringern kann, ist die Saisonalität des Monats August. Für alle von uns analysierten Indizes (S&P 500, Eurostoxx und MSCI EM) ist der August der schlechteste Monat für deren Performance. Dies gilt sowohl für die absolute Performance über den Monat (im Durchschnitt seit 1970 negativ), die Trefferquote oder die durchschnittliche Performance, wenn der Monat negativ ist. Seit 2009 und dem monetären Paradigmenwechsel hat sich die Situation sogar verschlechtert. Durchschnittlich lag die Wahrscheinlichkeit einer negativen Performance im August seit 1990 für die drei Indizes bei 50 Prozent gegenüber 40 Prozent für alle Monate. Diese Wahrscheinlichkeit liegt seit 2009 für den August bei 63 Prozent, während die Wahrscheinlichkeit für alle Monate bei 40 bleibt bleibt. Wenn die Performance im August negativ ist, ist das Ausmaß der Verluste insbesondere aufgrund der geringen Liquidität viel größer als in den anderen Monaten (durchschnittlich minus 4,6 Prozent vs. Minus 3,8 Prozent für den gesamten Zeitraum).

Das letzte Element betrifft die Gesundheitssituation, deren Kurve sich weltweit umgekehrt hat. Die Zahl der Fälle ist wieder gestiegen, und die neuen Sperrmaßnahmen sind zwar lokal begrenzt, nehmen aber weltweit stetig zu. Die Erwartung einer zweiten Welle im Herbst könnte Anleger dazu veranlassen, nach einem starken Aufschwung ihre Gewinne mitnehmen und auf eine bessere Visibilität an der Gesundheitsfront zu warten, um ihr Risiko zugunsten von Growth Assets neu zu verlagern. Entsprechend diesem Szenario ist unser Newcaster-Indikator, der wachstumsbezogene Themen aus einem breiten Spektrum von Medienberichten verfolgt, in den vergangenen Tagen zurückgegangen, was die zunehmende Befürchtung einer weiteren makroökonomischen Verlangsamung widerspiegelt. Diese dynamische Risikosteuerung könnte noch im September eintreten und die Märkte in den kommenden Wochen belasten.

...könnten eine fragile Marktstimmung beeinträchtigen


Diese technischen Elemente könnten kurzfristig durch zwei Elemente verstärkt werden, die die aktuelle Marktstimmung charakterisieren. Das erste betrifft die hochkonzentrierte „Positionierung“. Viele Indikatoren spiegeln diese Konzentration wider: die Anzahl der Aktien, die die Performance des S&P 500 replizieren, ist auf dem niedrigsten Stand seit 1970; der außergewöhnliche Beitrag der fünf größten Beiträger zur Gesamt-Performance des S&P 500 in 2020 oder der starke Anstieg der Korrelation zwischen Anlageklassen und Faktoren (Quality, Size, Value, Momentum, Low Vol). Unser durchschnittlicher Korrelationsindikator zwischen den wichtigsten Anlageklassen, darunter Anleihen, Aktien, Rohstoffe und Hauptwährungen, bleibt somit im letzten Dezil, nachdem er im März 2020 einen Höchststand seit 1998 erreicht hatte. Die Korrelation zwischen Gold und globalen Aktien ist auf einem Allzeithoch (80 Prozent), während die Korrelation zwischen Aktien und dem handelsgewichteten Dollar-Index auf dem niedrigsten Stand ist (minus 80 Prozent). Seit 1998 wurden diese Korrelationen nur zweimal beobachtet, im Dezember 2009 nach einer 61-prozentigen Erholung des S&P 500 und im März 2012 nach einem 25-prozentigen Anstieg des Index.

In beiden Fällen hat sich das Aufwärtsmomentum bei Aktien deutlich verlangsamt. Diese Situation verdeutlicht auch die mangelnde Diversifizierung und spiegelt die Tatsache wider, dass der Anstieg in den vergangenen Monaten nur auf einer sehr begrenzten Anzahl von Faktoren (Liquiditätsimpuls der Zentralbank; Momentum und passive Investments; niedrigere Realzinsen), wenn nicht sogar nur auf einem (Liquiditätsimpuls) beruht. Diese Situation erhöht das Risiko eines plötzlichen Liquiditätsabsturzes, wenn sich diese begrenzte Anzahl von Faktoren umkehren würde, ein Risiko, das durch die schlechte Liquidität im August aufgrund der Abwesenheit vieler Marktteilnehmer, die im Urlaub sind, noch verstärkt wird. Anders ausgedrückt, jeder idiosynkratisch Schock, der diese begrenzte Anzahl positiver Faktoren beeinflussen könnte, würde sich aufgrund der Abhängigkeit der globalen Indizes von genau diesen Faktoren in einen mehr systemischen Schock verwandeln.

Der zweite Faktor, der uns Sorgen bereitet, ist die Korrelation zwischen positiven News und der Reaktion des Markts. In einem Bullenmarkt neigen Makro- oder Mikronachrichten mit einer positiven Überraschung bei ihrer Veröffentlichung zu einem Anstieg, während negative Elemente die kurzfristige Performance weniger beeinflussen. In den vergangenen Wochen haben wir die gegenteilige Situation erlebt. Trotz positiver Gewinnresultate der Unternehmen im zweiten Quartal fielen die Aktien der Unternehmen, die bei der Erholung am meisten zugelegt hatten, nach der Bekanntgabe ihrer Ergebnisse. In ähnlicher Weise haben sich die europäischen Aktien seit der Einigung über das europäische Konjunkturprogramm deutlich schlechter als andere Märkte entwickelt, was die Vorwegnahme der Vereinbarung und Gewinnmitnahmen widerspiegelt, als diese offiziell verabschiedet wurde. Diese Beziehung zwischen News und Marktpreisen zeigt, dass das Aufwärtspotenzial für risikoreiche Anlagen kurzfristig begrenzt erscheint, wenn ein wichtiger positiver Faktor fehlt.

Schließlich stellt die Botschaft, die von der US-Zinskurve ausgeht, das aktuelle Tempo der Aktienrally in Frage. Historisch gesehen kehrt sich die Renditekurve um, wenn die Aktivität zunimmt und die Geldpolitik gestrafft wird (kurze Zinserhöhung). Sie tendiert dazu, steiler zu werden, wenn sich die Aktivität verlangsamt hat und die Geldpolitik deutlich nachgelassen hat. Seit 1970 betrug der Spread am Ende des Entspannungszyklus im Durchschnitt 142 Basispunkte. Nachdem die Fed die Zinsen im März 2020 auf ein Allzeittief gesenkt hat, beträgt die aktuelle Neigung nur noch 41 Basispunkte. Diese „flache“ Kurve zeigt die geringe Überzeugung der Finanzakteure, mittelfristig eine Rückkehr zum Wachstum zu erwarten. Folglich wird der Anstieg des Aktienmarkts ohne eine signifikante Neubewertung der Wachstums- und Inflationsprämie kurzfristig entweder begrenzt oder sehr fragil sein.

Dennoch könnte eine Korrektur eine Opportunität sein...

Stellen diese technischen Faktoren unsere Überzeugung einer „V-förmigen“ Konjunkturerholung auf zwölf Monate in Frage, mit der wir seit einigen Monaten rechnen? Unsere Antwort ist ein klares Nein. Die Grundpfeiler einer Konjunkturerholung sind in unseren Augen immer noch vorhanden. Ihre Integration in die Preise und die Erwartungen der Anleger haben sich in den vergangenen Monaten geändert, nicht das Ausmaß ihrer positiven mittelfristigen Auswirkungen. Daher wird eine Korrektur der risikoreichen Anlagen zwischen fünf und zehn Prozent in den kommenden Wochen eher als eine Chance gesehen, unser Risiko zu erhöhen, und nicht als ein Signal für einen zweiten Abschwung an den Märkten, ähnlich dem im März beobachteten.

Die Elemente, die diese Überzeugung rechtfertigen, sind eine fortgesetzte und möglicherweise verstärkte Präsenz von Regierungen und Zentralbanken. Sowohl an der fiskalischen als auch an der monetären Front gibt es immer noch Möglichkeiten, die Unterstützung zu erhöhen und so das Ausmaß eines möglichen Rückgangs zu begrenzen. Das US-Finanzministerium hat bereits acht Prozent des BIP aufgebracht, während Deutschland drei Prozent erreicht hat. Diese Unterstützung wird eine wirtschaftliche Entlastung im Jahr 2020 bedeuten,  eine Bewertung riskanter Vermögenswerte, die aufgrund des niedrigen Zinsniveaus mittelfristig immer noch attraktiv ist. In einem Kontext von Null-oder Negativzinsen sind die teuersten Vermögenswerte defensive Anlagen, nicht Wachstumsanlagen. Unabhängig davon, welches Modell (Discount Factor Model, Cross Sectionnal Carry Model oder Fed Model) verwendet wird, um die Attraktivität von Aktien mit Staatsanleihen zu vergleichen, ist das Ergebnis das gleiche: Aktien sind attraktiv und sollten langfristige Investoren dazu veranlassen, ihre Allokation zu erhöhen, sobald sich die Visibilität verbessert.

Darüber hinaus sind die Sparraten hoch, während die Cash-Bestände der Unternehmen gestiegen sind. Je weiter der Horizont, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Szenarien „Impfstoff“ versus „zweite Sperre“ zugunsten des positiven Falls einer allgemeinen Impfung umkehren. Bleibt die Ungewissheit beim Impfstoff mit drei bis sechs Monaten hoch, so ist sie bei einem Zwölf-Monatshorizont fast gleich null. Bislang ist dieses Szenario für den Gesundheitssektor positiver als für die am stärksten von den Sperrmaßnahmen betroffenen Sektoren. Die massiv schwache Performance von Sektoren wie „Banken“ und „Luftfahrt“ bei der Erholung unterstreicht, wie sehr das positive Szenario auf makroökonomischer Ebene schlecht vorhersehbar ist. Die konjunkturelle Verbesserung, die wir durch unsere „Nowcaster“ sehen, ist jedoch in allen Komponenten und Ländern weit verbreitet, und die Einführung eines Impfstoffs würde seine Nachhaltigkeit nur noch verstärken.

 

Veröffentlicht am: 04.08.2020

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