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Dienstag, 16. April 2024
   
 

Unigestion-Marktanalyse: In welche Richtung geht der Trend

... fragt sich Florian Ielpo, Leiter Makro-Research beim schweizerischen Vermögensverwalter Unigestion

Der gegenwärtige und beispiellose Makroschock führte zunächst zu einer deutlichen Verschlechterung sowohl der Marktstimmung als auch der Bewertung von Growth Assets. Inzwischen mehren sich jedoch die Anzeichen einer Stabilisierung in jeder dieser drei Dimensionen.

Die Makrodaten bleiben düster, aber insbesondere die Hochfrequenzdaten verschlechtern sich nicht weiter. Die Marktstimmung ist immer noch pessimistisch, aber sie hat sich stabilisiert, was den Weg für eine rationalere Preisentwicklung öffnet. Schließlich haben sich die Bewertungen teilweise von einem sehr niedrigen Niveau aus erholt. Alle Faktoren die unsere dynamische Asset Allokation bestimmen haben sich also stabilisiert: Wir sind deshalb der Meinung, dass es an der Zeit ist, sich mehr auf die künftige Richtung als auf das aktuelle Niveau zu konzentrieren. Unsere dynamische Positionierung bleibt neutral, aber wir positionieren uns taktisch, um von ausgewählten Credit Spreads sowie von Aktien zu profitieren.
 
Die zweite Ableitung zeigt Anzeichen einer Stabilisierung

Die Makroindikatoren sind weltweit zusammengebrochen, was auf die rasche Umsetzung von Lockdowns und in Folge dessen wirtschaftliche Untätigkeit in der ganzen Welt zurückzuführen ist. So waren Schwankungen in den Makroreihen zu beobachten, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Die symbolträchtigste ist wahrscheinlich die Zahl der US-amerikanischen Arbeitslosenanträge, die von durchschnittlich über 200.000 pro Woche auf einen Höchststand von 6,9 Millionen am 27. März anstiegen. Am vergangenen Freitag erreichte die US-Arbeitslosenquote 14,7%; insgesamt 20 Millionen Menschen sind damit ohne Arbeit, wenn auch die meisten von ihnen nur vorübergehend. Diese Verschlechterung der Makro-Reihen führte unsere Growth-Nowcaster schnell zu der Erkenntnis, dass die Welt vor einer globalen, durch die Lockdowns ausgelösten Rezession stand. Die USA haben eine Standardabweichung von -2,3 erreicht, mit ähnlichen Werten für die Eurozone und das Vereinigte Königreich, während China, Thailand und Südkorea in der Region von -1 bis -1,5 bleiben. Unbestritten ist die Botschaft, die von diesen Werten ausgeht: Der Schock, den wir derzeit erleben, ist extrem schlimm.

Für unser Verständnis des Zusammenhangs zwischen der Makro- und der Marktdimension ist ein Kernelement wichtig: wenn sich die makroökonomischen Bedingungen nicht weiter verschlechtern, ist es normalerweise an der Zeit, die negative Neigung für Growth-Assets zumindest zu neutralisieren: solche Ableitungen sind in gewisser Weise wichtiger, als der absolute Level der makroökonomischen Bedingungen.

Mit dem Ende der Lockdowns dürfte eine Erholung einsetzen, aber es wird einige Zeit dauern, bis diese sich in echten Makrodaten zeigt. Wir schauen in drei verschiedene Richtungen, um diese Stabilisierung zu erfassen:
- Erstens haben wir unseren "Newscaster"-Indikator entwickelt, der die in den Medien verbreiteten Einschätzungen über das Wirtschaftswachstum auswertet. In den letzten vier Wochen hat dieser Indikator Anzeichen einer Stabilisierung gezeigt. Gegenwärtig verbessern sich 49% dieser Daten, was bedeutet, dass die Abschwächung des Wirtschaftswachstums aus Sicht der Medien vorläufig gestoppt wurde.

- Zweitens untersuchen wir, ob die Veröffentlichung von Makrodaten die Ökonomen eher positiv oder negativ überrascht. Am Anfang einer Phase des Rückgangs werden Ökonomen in der Regel negativ überrascht. Wenn sich diese Verschlechterung allmählich verlangsamt, sind die Überraschungen tendenziell ausgeglichener, wie dies am Ende der letzten vier Makroschockperioden (2001, 2008, 2011 und 2015) der Fall war. 45% der G10-Überraschungsindizes verbessern sich derzeit. Auch hier zeichnet sich eine Stabilisierung ab, denn vor zwei Wochen lag dieser Wert noch bei 38%.

- Schließlich sind Frachtdaten, die häufiger als Standard-Makrodaten vorkommen, erwägenswert. Der Eisenbahngüterverkehr in den USA bietet eine reichhaltige Quelle für Makrodaten über die Stärke der US-Inlandsnachfrage. Hier gibt es gedämpfte Anzeichen einer Stabilisierung. In den letzten zwei Wochen ist der Prozentsatz der sich verbessernden Daten von 34% auf 38% angestiegen.

Unsere Wachstums-Nowcaster zeigen derzeit, dass sich 30% der Daten verbessern: Diese Zahl wird letztendlich bestätigen, was wir anderswo sehen. Vorerst spiegelt sich diese frühe Stabilisierung in unseren Strategien durch eine Übergewichtung von "Qualitäts-Wachstums"-Aktien wie der Nasdaq und dem SMI wider: Diese Positionierung zielt darauf ab, von dieser frühen Makrostabilisierung zu profitieren.

Die Geldpolitik ist noch nicht vollständig angelaufen

Diese Stabilisierung geht mit dem Schub der Zentralbanken und Regierungen einher. Unserer Meinung nach ist dies zwar nichts Neues mehr, aber es sollte weiterhin die Märkte beeinflussen, insbesondere die Märkte für Investment-Grade Credits.

Die wichtigsten Liquiditäts- und Unternehmensanleihen- Kaufprogramme der Fed und der EZB wurden angekündigt, wobei die meisten von ihnen gegen Ende März/Anfang April teilweise umgesetzt wurden. Auffallend dabei ist, was an den Credit-Märkten geschieht: Die Fed hat noch nicht mit dem Kauf von Anleihen begonnen und bereitet sich derzeit auf ETF-Käufe vor. Bei den Cash-Anleihen haben sich die Spreads jedoch rasch verengt. In den USA erreichten die Spreads von Cash-Anleihen mit Investment-Grade-Rating gegenüber Staatsanleihen am 23. März einen Höchststand von 401 Basispunkten. Seither sind sie sehr rasch zurückgegangen und haben sich bei etwa 225 Basispunkten stabilisiert. Bei europäischen Credits mit Investment-Grade-Rating wurde der Höchststand am 24. März mit 243 Basispunkten erreicht, liegt aber derzeit bei 187 Basispunkten.

In unseren Bewertungsmetriken sehen die Spread-Risikoprämien für Investment-Grade-Credits trotz dieser Spread-Verengung noch nicht teuer aus. Historische Analysen deuten darauf hin, dass die 12-Monats-Forward- Rendite nach einem solchen Niveau mit einer Trefferquote von über 70% positiv war. Wenn die Fed schließlich damit beginnt, Anleihen ohne Rücksicht auf den Preis zu kaufen, werden durch die Auswirkungen diese Spreads weiter reduziert. Wir sehen hier eine bemerkenswerte Konstellation, von der Bewertung bis zur Nachfrage im Investment-Grade-Bereich. Sobald die Primärmarkt-Kreditfazilität (PMCCF) für neue Anleihe- und Darlehensemissionen und die Sekundärmarkt-Kreditfazilität (SMCCF) für Unternehmen tatsächlich damit beginnen, den Credit-Märkten Liquidität zur Verfügung zu stellen, sollten wir eine zweite Welle der Spread-Kompression erleben. Auch hier kommt es unabhängig von der Höhe dieser Interventionen darauf an, dass die Spreads enger werden.

Stimmungsverbesserung und neutralere Bewertungen

Die letzten Elemente, die Anzeichen einer Bodenbildung zeigen, sind schließlich die Marktstimmung und die Bewertungen. Erstens haben die meisten Anleger laut Umfragedaten ihr Aktienengagement verringert. Die AAII-Umfrage zur US-Anlegerstimmung zeigt, dass 50% der Befragten derzeit bärisch sind, was tatsächlich sehr nah am Durchschnitt des Monats April (47%) liegt. Die verschiedenen Beta-Messwerte, die wir betrachten, zeigen eine Stabilisierung der Aktienpositionierung bei vielen Arten von Anlegern – sowohl bei systematischen als auch bei diskretionären. Da viele Privatanleger nach wie vor einen großen Anteil an Bargeld halten, dürfte dies den Märkten eine Art „Buy-the-Dip"-Psychologie einflößen, die auch in Zukunft wachstumsorientierte Anlagen unterstützen könnte. Zudem sind die Anleger heute viel klarer positioniert als zu Beginn der Krise: Sollten die Märkte eine weitere Runde von Kursverlusten durchlaufen, dürfte dies dazu beitragen, das Ausmaß des Abschwungs abzufedern – was angesichts sich wieder verschärfender geopolitischer Spannungen bemerkenswert ist. Schließlich zeigt die Bewertung von Growth- Assets durch unsere Indikatoren ein konsistentes Muster: Sie haben sich von teuren (Januar-Februar 2020) in billige Regionen (März-April) verlagert, sind allerdings auch nicht attraktiver geworden.

Unsere Schlussfolgerungen aus der Entwicklung dieser drei Faktoren (Makro/Sentiment/Bewertung) lauten daher wie folgt: Die Lage ist insgesamt schlecht, aber wir glauben, dass es an der Zeit ist, sich auf die Richtung der Trends zu konzentrieren. Aus diesem Grund haben wir unsere Positionierung von defensiv auf neutral umgestellt. Diese neutrale Haltung bekommt gegenwärtig durch die Übergewichtung von Spreads im Investment-Grade-Bereich, „Qualitätswachstum"-Aktien und Schwellenländeraktien eine positive Note, so dass sie unsere derzeitige Einschätzung bestmöglich widerspiegelt.

 

Veröffentlicht am: 13.05.2020

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