
Trotz neuer US-Regierung und absehbarem Kurswechsel haben wir unsere Konjunktur- und Inflationsprognosen vorerst unverändert belassen. Wir rechnen weiter mit einem robusten Wachstum, moderater Inflation und sinkenden Leitzinsen. Da sowohl der Umfang der Maßnahmen als auch der zeitliche Rahmen noch unsicher sind, wäre es unseriös, bereits jetzt über die genauen Auswirkungen zu spekulieren.
Die unmittelbaren makroökonomischen Auswirkungen der US-Wahlen sind aber ohnehin gering, und die US-Wirtschaft befindet sich weiter in einer starken Verfassung. Mittelfristig könnte das Wahlprogramm von Donald Trump aufgrund neuer Handelsstreitigkeiten und der damit verbundenen Unsicherheit zu einem schwächeren Wirtschaftswachstum und einer höheren Inflation führen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass neben den politischen Änderungen in den USA auch der Rest der Welt nicht stehen bleiben wird. So werden neue US-Importzölle mit großer Wahrscheinlichkeit Reaktionen bei den wichtigsten Handelspartnern auslösen, und es dürfte zu Gegenmaßnahmen kommen. Darüber hinaus dürften auch Firmen und Privathaushalte ihr Verhalten anpassen.
Der Diversifikationseffekt nimmt wieder zu
Der Mix aus moderatem Wachstum und Zinssenkungen sorgt auch im Jahr 2025 für ein konstruktives Aktienumfeld. Die Bewertungsniveaus an den globalen Aktienmärkten, besonders in den USA, sind allerdings hoch und die Anlageklasse steht in Konkurrenz zu den ebenfalls höheren Anleihenrenditen, was sich in einer bescheidenen Risikoprämie widerspiegelt. Daher wird die Gewinnentwicklung der Unternehmen der Haupttreiber der Aktienperformance sein. Bei den Anleihen erwarten wir wegen der hartnäckigeren Inflation und des fiskalpolitischen Drucks vorerst keine großen Renditerückgänge. Die erwarteten Zinssenkungen sind bereits in den heutigen Renditeniveaus realistisch eingepreist. Da die Inflationserwartungen trotz allem gut verankert sind, rechnen wir wieder mit einer negativen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen, was den Diversifikationseffekt in einem gemischten Portfolio verbessert.
Innerhalb der Anlageklassen Aktien und Anleihen sehen wir insbesondere Chancen in einer zunehmenden Marktbreite der Aktienmärkte. Dabei wird die Diversifikation innerhalb der Regionen und Sektoren entscheidend sein. Der US-Markt wird seine Wettbewerbsvorteile nicht so schnell verlieren, Europa muss den Stimmungsschalter auf positiv stellen, um den Anschluss nicht zu verpassen. China wird fiskal- und geldpolitische Maßnahmen immer wieder punktuell einsetzen, aber keinen Befreiungsschlag erreichen. Bei den Anleihen favorisieren wir Regionen mit höheren Renditen und Überraschungspotenzial bei Zinssenkungen. Der Schweizer Franken und der US-Dollar bleiben sichere Werte im Portfolio – letzterer mindestens zu Jahresbeginn.
Markt erwartet Nullzinsumfeld in der Schweiz
Die Erwartungen für das Leitzinsniveau der Bank of England und der US-Notenbank Fed haben sich bereits deutlich nach oben verschoben. Bis im März wird im GBP- und im USD-Währungsraum nur noch eine Leitzinssenkung antizipiert. Viele Sorgen bezüglich einer expansiveren Fiskalpolitik der neuen US-Regierung wurden bereits vorweggenommen. Ein Leitzinsniveau von 4% per Ende September 2025 impliziert immer noch eine Geldpolitik, die deutlich im straffen Bereich liegt. Im Gegensatz dazu wurden die Zinssenkungserwartungen des Terminmarkts an die Schweizerische Nationalbank weiter erhöht. Mittlerweile rechnen die Finanzmarktakteure gar wieder mit einem Nullzinsumfeld in der Schweiz der zweiten Jahreshälfte 2025. Unsere langfristige Leitzinsprognose liegt für die Schweiz weiterhin bei 0,5%.
Risikoprämie in UK attraktiv
Im Jahresverlauf und insbesondere vor den US-Wahlen sind die Risikoprämien (Prämie über dem prognostizierten Leitzinspfad) an vielen Staatsanleihenmärkten deutlich angestiegen. Die fiskalpolitischen Sorgen lasteten vor allem auf den Märkten im Vereinigten Königreich (UK) und den USA. Die nach wie vor hohen Staatsausgaben stellen zwar einen Stimulus für die Konjunktur dar. Sie schüren aber auch die Befürchtung, dass die Notenbanken die Inflationsbekämpfung länger aufrechterhalten müssen und die Leitzinsen in Zukunft weniger schnell senken können. Die angepassten Zinserwartungen sind mittlerweile in den Anleihenpreisen reflektiert. Die Renditen sind vor allem in den angelsächsischen Währungsregionen aufgrund der höheren Risikoprämie für die unsichere Entwicklung der Fiskalpolitik und Inflation angestiegen. Die Risikoprämien in UK und Australien bieten im Verhältnis zum Budgetdefizit und dem hohen Schuldner-Rating (AA bzw. AAA) eine attraktive Entschädigung. Nicht zuletzt da die Neuverschuldung geringer ausfallen dürfte als in den USA. Gemäß Prognosen des IMF beträgt das Budgetdefizit im nächsten Jahr in den USA rund 7%, während es in UK unter 4% und in Australien gar bei 2% liegen soll.
Eurozone kommt einfach nicht vom Fleck
In der Eurozone kommt die wirtschaftliche Erholung nur schleppend voran. Wichtige Teilmärkte leiden unter politischer Unsicherheit sowie strukturellen Herausforderungen. Und anders als in den USA fehlt den souveränen Mitgliedern der Währungsunion eine schlüssige und gemeinschaftlich akzeptable Strategie in der Wirtschaftspolitik. Dies spiegelt sich in einer unterdurchschnittlichen Gewinn- und Kursentwicklung des regionalen Aktienindexes. Hinzu kommt neu, dass durch die protektionistische Wirtschaftspolitik der künftigen US-Regierung zusätzlicher Gegenwind droht. Insofern sehen wir kurzfristig wenig Chancen dafür, dass sich das Umfeld für die Unternehmen in der Eurozone aufhellt. Zwar dürften die Gewinne auch in der Eurozone 2025 weiter steigen, das höhere Wachstumspotenzial sehen wir aber nach wie vor in Nordamerika und den Schwellenländern des asiatischen Raums. Solange sich diesbezüglich keine Aussicht auf Besserung abzeichnet, sollte sich auch die Bewertung des Markts unterhalb ihres langfristigen Durchschnitts bewegen.
Umfeld für US-Aktien leicht verbessert
Auf der anderen Seite des Atlantiks verhält es sich nach wie vor umgekehrt. Das Gewinnwachstum wie auch die Marktbewertung sind überdurchschnittlich. Derzeit spricht einiges dafür, dass sich daran wenig ändert. Die US-Wirtschaft wächst stärker als die Eurozone und profitiert mehr von der Sonderkonjunktur durch das Thema „Künstliche Intelligenz“. Zudem hat die neue Regierung eine Senkung der Unternehmenssteuern sowie Zölle auf ausländische Güter in Aussicht gestellt. Mittlerweile herrscht ein breiter Konsens über die Einschätzung beider Märkte. Deshalb und angesichts der extremen relativen Bewertung besteht mittelfristig ein erhöhtes Überraschungspotenzial. Dabei können gegenläufige Nachrichten zunächst zu einer schnellen Bewertungskonvergenz führen. Sie wäre aber nur dann nachhaltig, wenn auch die Gewinne zusammenlaufen.