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Donnerstag, 28. März 2024
   
 

Marktkommentar – Ukraine-Konflikt

... von Reto Cueni, Chief Economist, und Sven Schubert, Head of Strategy Currencies, bei Vontobel

Der Westen stärkt der Ukraine durch harte Sanktionen gegen die russische Regierung, die Wirtschaftselite des Landes, einige High-Tech-Importe und das russische Finanzsystem den Rücken. Allerdings ist es aufgrund der Sanktionen derzeit noch schwierig, die potenziellen Auswirkungen auf die Wirtschaft in Europa zu quantifizieren.

Wir erwarten zwar, dass die aktuelle Krise zu einer Verlangsamung der Konjunkturerholung führt, die vor allem Europa trotz der Lockerung der Covid-Beschränkungen betrifft, aber der Umfang der Abschwächung ist höchst ungewiss. So hängt viel von der Dauer der Krise, möglichen weiteren Eskalationen und den verhängten Sanktionen ab. Wir wissen nicht, wie lange die Krise andauern wird, aber die Kosten eines langen Krieges wären für alle Parteien sicherlich extrem hoch.

Betrachten wir die negativen Auswirkungen ähnlicher Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit, wie die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014, so zeigt sich, dass das Wirtschaftswachstum in Europa hauptsächlich während eines Quartals betroffen war. Die Sanktionen waren damals jedoch viel moderater. Zudem wird die Situation durch die Aussicht auf einen massiven Anstieg der Energiepreise und einer damit einhergehenden höheren Inflation weltweit verändert. Selbst wenn dies nicht zutreffen sollte, wird es zu deutlich mehr Lieferengpässen und einem höheren Inflationsdruck kommen, wobei wir mit einer Entspannung gegen Sommer rechnen. Allgemein erwarten wir jedoch, dass die weltweite Konjunktur angesichts der weiteren Öffnung der Wirtschaft weiter anziehen wird. Dies sollte zu einer Beschleunigung des globalen Wachstums im zweiten und dritten Quartal des Jahres beitragen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Ukraine-Konflikt zeitlich und örtlich relativ beschränkt bleibt. Die größten Risiken für unseren globalen makroökonomischen Ausblick sind unserer Ansicht nach eine potenziell hartnäckigere Inflation, die in das Wirtschaftssystem einfließen und sich länger einnisten könnte. In einem solchen Hochpreisumfeld könnten dann nervöse Zentralbanken ihre Geldpolitik entschlossen straffen. Doch die Lage in der Ukraine scheint die Bereitschaft für solche Maßnahmen zu dämpfen. Andererseits steigt das Risiko verschärfter Spannungen in Europa, was die Unsicherheit für die Finanzmärkte noch weiter erhöht.

Europa: Von einer Krise in die nächste

Vor den jüngsten Ereignissen in der Ukraine befand sich die Eurozone aufgrund der schrittweisen Aufhebung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im Wachstumsmodus. Doch zumindest im ersten Quartal werden stark erhöhte Energiepreise und Wirtschaftssanktionen, die in erster Linie Osteuropa belasten, diese positive Entwicklung bremsen. Sollte die Krise in einem oder zwei Monaten beigelegt sein, sehen wir derzeit einen Wachstumsrückgang von etwa einem halben Prozentpunkt. Dies würde zu einer Korrektur unserer derzeitigen Wachstumsschätzung von 4 Prozent führen. Selbstverständlich würde sich die Aussicht bei erfolgreichen Friedensverhandlungen deutlich verbessern, aber schnell verdüstern, sollte der Konflikt weiter eskalieren. Vor der Invasion hatten wir vor dem Hintergrund nachlassender Lieferengpässe im Industriesektor sowie einer steigenden Nachfrage nach Dienstleistungen mit einem anhaltenden Anstieg der Wirtschaftsaktivität zum Sommer hin gerechnet. Unserer Ansicht nach wird die Europäische Zentralbank den Liquiditätshahn nicht mehr forsch zudrehen oder ihre immer noch sehr großzügige Geldpolitk deutlich straffen. Sie dürfte zwar pandemiebedingte Notfallankaufprogramme einstellen, aber andere traditionelle Anleihenkaufprogramme beibehalten. Unserer Meinung nach werden die Währungshüter auch betonen, dass sie bei Bedarf schnell handeln könnten. Aus diesem Grund gehen wir weiter von einer ersten Zinserhöhung im Herbst aus, wobei sich die EZB kaum zum Zeitpunkt eines solchen Schrittes äußern dürfte.

USA: Widerstandsfähig trotz höherer Unsicherheit

Zu Beginn des Jahres blieb der private Konsum in den USA solide, und die Februar-Einkaufsmanagerindizes deuten auf ein Anziehen des Dienstleistungssektors nach einer pandemiebedingten Verlangsamung hin. Russlands Krieg gegen die Ukraine führt jedoch zu einer Unsicherheit hinsichtlich des Ausblicks, aber die direkten Auswirkungen sind aufgrund schwächerer Handelsbeziehungen zwischen den USA und Osteuropa weniger ausgeprägt als in Europa. Jüngste Inflationsdaten in den USA bestätigen, dass sich die Preise auf historischen Höchstständen befinden. Im Januar stieg die an persönlichen Konsumausgaben gemessene Gesamtinflation um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum – ein weiterer Rekordhöchststand seit den 1980er Jahren. Anscheinend ist die Inflation auch breiter gefasst und erzeugt bei Dienstleistungen und Löhnen mehr Aufwärtsdruck, was ihren ab dem zweiten Quartal 2022 erwarteten Rückgang auf normalere Niveaus verzögern könnte. Da der angespannte Arbeitsmarkt und die höheren Rohstoffpreise auf mehr Inflationsdruck hindeuten, dürfte die US-Notenbank Fed ihren Straffungskurs trotz der Lage in der Ukraine beibehalten. Um die Fed in den nächsten Monaten von ihrem Normalisierungskurs abzubringen, wären aus unser Sicht ein deutlicher Abschwung an den Finanzmärkten und ein sich verschlechternder Wachstumsausblick nötig. Trotzdem wird die Zentralbank angesichts des erhöhten Risikos für das globale Finanzsystem vorsichtig vorgehen wollen.

Schwellenländer/China: Weniger betroffen als Europa

Bei anhaltenden, harten Sanktionen gegen Russland lässt sich eine Rezession wohl nicht vermeiden. Die russische Zentralbank hat bereits Kapitalkontrollen eingeführt und den Leitzins von 9,5 auf 20 Prozent erhöht, um eine Kapitalflucht einzudämmen. Die US-Restriktionen für HighTech-Exporte nach Russland werden längerfristige Auswirkungen haben und es Russland erschweren, seine Wirtschaft auf andere Bereiche als Energie auszurichten. Gleichzeitig könnte der Kreml angesichts der überragenden Rolle Russlands als Exporteur von Öl, Gas und Metallen den Westen, und insbesondere Europa, von der Energieversorgung abschneiden. Insbesondere die rohstoffimportierenden Länder in Osteuropa wären von solchen Gegenmaßnahmen, die einen weiteren Anstieg der Energiepreise zur Folge hätten, betroffen. Andere Länder scheinen weniger anfällig. In Lateinamerika und Asien stehen die Getreidepreise beispielsweise mehr im Zusammenhang mit lokalen Märkten. Zwar könnten Anleger in Bezug auf den globalen Wachstumsausblick vorsichtiger werden. Allerdings erwarten wir, dass die chinesische Wirtschaft sich in den nächsten zwei Quartalen erholen und einen Zuwachs von rund 5,5 Prozent für das Gesamtjahr 2022 erzielen wird.

 

Veröffentlicht am: 21.03.2022

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