Gestrige Ereignisse in den USA: Auswirkungen auf die Kapitalmärkte sind überschaubar

Die Ereignisse in Washington sind historisch, keine Frage. Ihre Auswirkungen auf die Kapitalmärkte bleiben aber überschaubar.

Viel wichtiger für die Entwicklung der Kapitalmärkte ist ein anderes Ereignis in den USA in den letzten Tagen: Der voraussichtliche Wahlsieg beider demokratischen Bewerber bei den Stichwahlen im Senat. Denn damit muss die Grundannahme der vergangenen zwei Monate seit der Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten revidiert werden: Anders als bisher angenommen wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Biden mit einem Kongress zu tun haben wird, der ihm dank der dann entscheidenden Stimme seiner Vizepräsidentin Harris demokratische Mehrheiten sichert und damit die Möglichkeit bieten wird, „durchzuregieren“.

Größere Konjunkturpakete und steigende Zinsen

Damit zeichnen sich noch einmal deutlich größere Konjunkturprogramme ab, möglicherweise verbunden mit Steuererhöhungen. Ein solches Konjunkturpaket würde die Inflation stärken, also für Preisauftrieb sorgen. Genau darauf haben am gestrigen Mittwoch Investoren an den Bondmärkten gesetzt. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen stiegen auf mehr als ein Prozent, den höchsten Stand seit dem Beginn der Corona-Pandemie.

Treten die Entwicklungen ein, wie sie sich derzeit politisch abzeichnen und von Investoren erwartet werden, wirkt sich das tendenziell positiv auf zyklische Branchen und Erneuerbare Energien aus. Das Gleiche gilt für Banken und Versicherungen, die von einem steigenden Zinsumfeld und einer steileren Zinskurve profitieren. Der Höhenflug der Technologiewerte hingegen dürfte erst einmal enden.

Fazit: Ein Erdbeben für die Politik, nicht für die Kapitalmärkte

Die Ereignisse in dieser Woche unterstreichen einmal mehr die überragende Bedeutung der USA für die internationalen Kapitalmärkte. Ausschlaggebend sind aber die Stichwahlen in Georgia, denn sie verändern voraussichtlich die Tektonik der künftigen Mehrheits- und Machtverhältnisse in den USA. Die gestrigen Vorgänge im Kongress sind hingegen zwar ein politisches Erdbeben, aber keines für die Kapitalmärkte.