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Freitag, 29. März 2024
   
 

Geopolitische Ungewissheit als Katalysator der Energiewende – jedoch nicht unmittelbar

... von Paul LaCoursiere, Global Head of ESG Investments, und Bhaskar Sastry, ESG Content Manager, Janus Henderson Investors



ESG-Investments wurden 2022 mit heftigem Gegenwind konfrontiert, doch wir glauben, dass sie auch in Zukunft eine wichtige Rolle für Investoren spielen werden.

Die durch den Russland-Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise zeigt sowohl die Vernetzung der Weltwirtschaft als auch ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Neben der Corona-Pandemie hat der Konflikt zu einer Verlangsamung der Wirtschaft, einer hohen Inflation wie seit Jahrzehnten nicht mehr und einer wachsenden Nahrungsmittelkrise in den Entwicklungsländern geführt. Die Regierungen haben mit kostspieligen Energierettungspaketen und Preisobergrenzen reagiert, was sich auf die bereits angeschlagenen Staatshaushalte auswirkt.

Die Krise rückt das Energie-Trilemma in den Mittelpunkt: Wie können die Länder Energiesicherheit, Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit der Energieversorgung gewährleisten? Derzeit werden Energiesicherheit und Erschwinglichkeit auf Kosten der Nachhaltigkeit bevorzugt. Viele Länder konzentrieren sich auf den Aufbau von Energiereserven aus fossilen Brennstoffen. Und natürlich können und sollten sie in dieser Phase nicht auf fossile Brennstoffe verzichten.

Das Festhalten an einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft löst jedoch weder die Energiesicherheit noch die Klimakrise. Albert Einstein sagte: „Wir können Probleme nicht mit der gleichen Denkweise lösen, mit der wir sie geschaffen haben“. Wir erwarten daher, dass die Regierungen ab 2023 eine längerfristige Strategie entwickeln, die sich auf die Förderung von Investitionen in und den Einsatz von erneuerbaren Energien konzentriert. Somit könnten sie Fortschritte bei der „Lösung“ des Energie-Trilemmas und der Verwirklichung eines gerechten Wandels erzielen, bei dem die Vorteile des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft breit gestreut und diejenigen unterstützt werden, die wirtschaftlich zu verlieren drohen.

Sicherheit der Energieversorgung

Das Jahr 2022 hat uns gezeigt, wie empfindlich die Öl- und Gasimporteure auf Preisschwankungen reagieren, die von der globalen Geopolitik und Makroökonomie sowie manchmal von einer künstlichen Preisgestaltung beeinflusst werden. Viele Länder der EU wurden durch den Russland-Ukraine-Konflikt angreifbar, weil sie sich zu sehr auf russisches Gas und Öl verlassen und in der Vergangenheit zu wenig in alternative Energiequellen investiert haben. Bis vor kurzem importierte Europa 45 % seines Gases, 44 % seiner Kohle und 25 % seines Öls aus Russland[1]. Als Reaktion auf die Invasion hat die EU im Rahmen des REPowerEU-Proposal Pläne skizziert, um 45 % ihres Energiemixes aus erneuerbaren Quellen zu beziehen und 13 % des Energieverbrauchs durch höhere Effizienz einzusparen. 85 % der Europäer unterstützen dies und sind der Meinung, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischem Gas und Öl verringern sollte[2]. In den USA hat die Regierung von Joe Biden den bedeutenden Inflation Reduction Act verabschiedet, der 369 Milliarden US-Dollar für saubere Energie- und Dekarbonisierungsprojekte und Steuergutschriften für saubere Energie bereitstellt, um die Kohlenstoffemissionen in den USA bis 2030 um etwa 40 % zu senken.

Angesichts der Aussicht auf anhaltend hohe Energiepreise und mögliche Stromausfälle werden die Argumente für netzgebundene und netzunabhängige erneuerbare Energien, die saubere, dezentrale Energie liefern, immer attraktiver.

Investitionen in erneuerbare Energien werden 2022 voraussichtlich 500 Milliarden US-Dollar umfassen und könnten erstmals den vorgelagerten Öl- und Gassektor übertreffen. Carbon Tracker, eine Denkfabrik, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzmärkte befasst, prognostiziert, dass Solar- und Windenergie bis Mitte der 2030er Jahre den gesamten Strom weltweit erzeugen und bis 2050 die fossilen Brennstoffe als Energielieferanten ablösen könnten.

Die Energiewende wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. Erneuerbare Energien, ob Solar-, Wind- oder Wasserkraftwerke, brauchen mehrere Jahre, um ausgebaut zu werden. Sie erfordern einen erheblichen Kapitalaufwand, wobei die späteren Betriebskosten sehr niedrig sind. Die Deckung der Grundlast über längere Zeiträume erfordert auch Verbesserungen bei der Netzzuverlässigkeit und der Batteriespeicherung, die allerdings nur langsam vorankommen.

Erfolgsgeschichten wie in Griechenland, das im Oktober 2022 fünf Stunden lang ausschließlich mit Solar-, Wind- und Wasserkraftstrom versorgt wurde, zeigen, was möglich ist. Das Land hofft nun, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an seinem Energiemix bis 2030 mindestens 70 % betragen wird. Wir rechnen mit weiteren Erfolgsgeschichten im Jahr 2023.

Erschwingliche Energie

Dank technologischer Entwicklungen, Konstruktionsverbesserungen und Skaleneffekten werden erneuerbare Energien jedes Jahr günstiger (siehe Abbildung 1). Nach Angaben der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) lagen 2021 die globalen gewichteten durchschnittlichen Stromgestehungskosten (die durchschnittlichen Kosten während der Lebensdauer der Anlage pro erzeugter Megawattstunde Strom) für neue Photovoltaik- und Wasserkraftanlagen in industriellem Maßstab 11 % niedriger als die günstigste neue fossil befeuerte Stromerzeugungsoption, während die Kosten für Onshore-Windkraftanlagen 39 % niedriger waren.

Darüber hinaus haben Forscher der Universität Oxford festgestellt, dass „eine schnellstmögliche Umstellung auf grüne Energie gegenüber dem auf fossilen Brennstoffen basierenden System wahrscheinlich zu einer Gesamteinsparung von mehreren Billionen US-Dollar führen wird“. Forschungen der Royal Society of Chemistry zeigen, dass Wind, Wasser und Sonne weniger Energie benötigen, kostengünstiger sind und mehr Arbeitsplätze schaffen könnten als fossile Brennstoffe. Diese Entwicklungen sind ermutigend, nicht zuletzt für die Armen und Bedürftigen in den Entwicklungsländern, die keinen Zugang zu Strom haben.

Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarparks haben das Potenzial, bei relativ niedrigen Betriebskosten langfristig stabile, inflationsgebundene Erträge zu erzielen. Sie sind daher in der Lage, in einem „stagflationären“ Umfeld gute Ergebnisse zu liefern. Ist die Infrastruktur erst einmal geschaffen, können die Preise für erneuerbare Energien weiter sinken. Investoren erkennen allmählich, dass dieser Kostenvorteil die Dynamik zugunsten der erneuerbaren Energien verschiebt.

Die Energiewende bleibt eine Herausforderung für die Regierungen. Sie erfordert die Abschaffung erheblicher Subventionen, mit denen die fossile Brennstoffindustrie unterstützt wird. Hinzu kommt die Übernahme der Vorlaufkosten für den Bau neuer Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien anstelle der weiteren Nutzung von Gas. Da erneuerbare Energien nur bedingt zur Verfügung stehen, sind flexible Anlagen erforderlich, die bei unzureichender Versorgung mit erneuerbaren Energien auf teures und umweltschädliches Gas umschalten können. Der Aufbau der Infrastruktur für die Übertragung erneuerbarer Energien ist ebenfalls teuer und braucht Zeit. Darüber hinaus gibt es strukturelle Hindernisse auf den Strommärkten, wie z. B. die Grenzkostenpreise in Europa und in Großbritannien, deren Reform einige fordern.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es einer starken Führung. Wir sind davon überzeugt, dass weltweit einige Regierungen 2023 die Herausforderungen annehmen und die notwendigen Maßnahmen umsetzen werden.

Energienachhaltigkeit

Das Internationale Institut für Nachhaltige Entwicklung hat festgestellt, dass die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder nicht mit einer Reduzierung der Erderwärmung auf 1,5 °C vereinbar ist und die weltweite Öl- und Gasförderung sowie der Verbrauch bis 2050 um mindestens 65 % sinken müssen. Folglich sollten erneuerbare Energien in allen Formen (Wind, Sonne, Wasser, Biokraftstoffe, Kernenergie, grüner Wasserstoff und Erdwärme) einen größeren Anteil am Energiemix ausmachen.

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) belaufen sich die weltweiten Investitionen in die Energiewende, die auf eine Dekarbonisierung der Volkswirtschaften abzielen, 2021 auf über 750 Milliarden US-Dollar, was 10 % der Energieinvestitionen entspricht. Im Vergleich zu 2020 bedeutet dies bereits einen Anstieg um 27 %, angetrieben durch das Wachstum bei erneuerbaren Energien und elektrifiziertem Verkehr. Der Ausbau der Anlagen für erneuerbare Energien und der Elektrofahrzeuge dürfte den Anstieg der globalen Emissionen von 2021 bis 2022 auf unter 1 % begrenzen. Das ist deutlich weniger als der Anstieg im Vorjahr und bemerkenswert angesichts des erhöhten Verbrauchs fossiler Brennstoffe durch die Russland-Ukraine-Krise.

Grund dafür ist, dass zwar der anfängliche Bau und die Installation von Infrastrukturen für erneuerbare Energieträger einen Kohlenstoff-Fußabdruck hinterlassen (u. a. durch den Abbau von Metallen), jedoch insgesamt die durchschnittlichen Kohlenstoffemissionen erneuerbarer Energien während ihrer Lebensdauer viel geringer sind, wie Abbildung 2 zeigt.

Bloomberg NEF schätzt, dass die jährlichen Investitionen in die Energiewende (d. h. die Ausgaben für die Einführung sauberer Technologien, einschließlich erneuerbarer Energien, Elektrofahrzeuge und Kohlenstoffabscheidung) von 2022 bis 2025 durchschnittlich 2,1 Billionen US-Dollar betragen und sich von 2026 bis 2030 auf 4,2 Billionen US-Dollar verdoppeln müssen, um das Ziel von Netto-Null zu erreichen.

Die Umstellung erfordert nicht nur Bemühungen seitens der Regierungen, sondern auch des Privatsektors. Die Regierungen haben die Möglichkeit, sich zu einer sauberen Energiezukunft zu verpflichten, Subventionen von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umzulenken und die Verwendung von Gas als Überbrückungsbrennstoff zu begrenzen. Im Gegenzug können Unternehmen und Investoren davon profitieren, wenn sie langfristiges Kapital in die Unterstützung der Energiewende und der grünen Industrien der Zukunft lenken.

 

Veröffentlicht am: 16.12.2022

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