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Notenbanksitzungen und Brexit im Focus

Marktkommentar von Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management

Mit der Fed-Sitzung am Mittwoch sowie der EZB-Sitzung unter der neuen Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag blicken die Märkte zum Jahresende noch einmal auf die Notenbanken. Gleichzeitig könnte die Wahl zum britischen Unterhaus am 12. Dezember für Klarheit beim Brexit sorgen.

Zum aktuellen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Einlagenzins im Jahr 2020 um weitere 10 Basispunkte auf -0,60% senken und ihre letzte Runde der Anleihekäufe auf 40 Milliarden Euro pro Monat verdoppeln wird.Unsere Begründung für diese Annahme liegt in der Staffelung des Negativzinssatzes, die im vierten Quartal 2019 in Kraft getreten ist und im Wesentlichen eine Verschärfung der finanziellen Bedingungen bewirkt. Das Verhalten der EZB im Jahr 2020 sollte wirklich als eine Neukalibrierung dieser ersten Maßnahme angesehen werden und dürfte aus unserer Sicht wenig Einfluss auf den wirtschaftlichen Hintergrund oder die Inflationserwartungen haben. Die Banken der Eurozone haben sich bisher sehr zurückhaltend gezeigt, negative Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben, wodurch der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik unter der Nullschwelle im Wesentlichen nicht greifen kann. Diese Zurückhaltung dürfte immer mehr unter Beschuss kommen, je länger die Zinsen unter Null liegen. Bis der Transmissionsmechanismus voll greift, ist die Wirksamkeit der EZB jedoch bei der Bewältigung künftiger wirtschaftlicher Abschwünge erheblich geschwächt.

Daher braucht Europa dringend fiskalpolitische Impulse. Die größte Wirtschafts- und Wachstumslokomotive der Eurozone, Deutschland, steht kurz vor der Rezession und weist einen hohen Haushaltsüberschuss auf, was nicht wirklich sinnvoll ist, insbesondere wenn das Defizit mit Negativzinsen finanziert werden könnte. Investitionsprojekte, die de facto kostenlos finanziert werden können, werden plötzlich viel rentabler als historische Zinsstände für die Berechnungsgrundlage hinzugezogen werden würden. Einer der Gründe, warum Christine Lagarde als Nachfolgerin von Mario Draghi gewählt wurde, ist, dass sie mit ihrem politischen Einfluss und ihrer Erfahrung die Regierungen der Eurozone dazu zu bringen könnte, tiefer in die eigenen Taschen zu greifen.

Allerdings birgt die Ernennung von Lagarde auch Risiken. Die ehemalige Präsidentin des Internationalen Währungsfonds ist keine Zentralbankerin. Dazu kommt, dass sie ihren Posten antritt, während es im EZB-Rat starke Spannungen gibt. Im Grunde genommen erreichen die geldpolitischen Impulse die Realwirtschaft nicht. Die EZB muss entweder die Banken dazu drängen, ihren Kunden tatsächlich negative Zinsen in Rechnung zu stellen, oder einen Weg finden, die Verbraucher direkt zu erreichen, was eine Art Helikoptergeld erfordern würde. Zudem ist Lagarde nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Draghi, der ein Gespür für mutige Maßnahmen hatte und die den Respekt der Märkte genoß, und dabei die Fähigkeit besaß, den EZB-Rat mit sich zu ziehen – oft sogar gegen den Strom.

Aber zurück zu unseren Prognosen. Wir gehen davon aus, dass deutsche Bundesanleihen auch im Jahr 2020 wieder eine positive, wenn auch eine geringe Rendite liefern, wobei die 10-Jahresrendite bis zum Jahresende auf rund -40bp fallen dürfte. Weiterhin erwarten wir, dass sich die Spreadkonvergenz zwischen den europäischen Staatsanleihen der Kern- und Peripherieländer in den nächsten 12 Monaten fortsetzen wird. Sucht man innerhalb europäischer Staatsanleihen nach echtem Value, so wählen wir Spanien, dessen Spreads weiter mit denen von Bundesanleihen konvergieren sollten, außer es kommt zu größeren politischen Unruhen im Land.

Brexit und die Bank of England

Während die Vor- und Nachteile des Brexit noch viele Jahre lang diskutiert werden, glauben wir, dass die Erleichterung, das Ganze endlich über die Bühne zu bringen, die Geister der britischen Wirtschaft wiederbeleben wird. So haben beispielsweise Unternehmensinvestitionen, die seit 2016 stagnieren, die Chance, wieder zuzunehmen. Das britische Pfund könnte kurzfristig einen Aufschwung erleben, wird aber wohl unter dem Niveau vor dem Referendum bleiben. Sobald der Brexit vollzogen ist, könnte das Pfund mittelfristig die leistungsstärkste Währung werden, was vor allem auf eine Belebung des relativen Wachstums und letztlich höhere Zinssätze zurückzuführen sein wird.

Ein abgeschlossener Brexit-Deal würde der Bank of England eine Entscheidungsgrundlage geben. Es ist uns klar, dass Mark Carney, Governeur der Bank of England, ohne die Unsicherheit rund um den Brexit daran interessiert gewesen wäre, eine oder zwei Zinserhöhungen durchzusetzen, während sich die USA im Straffungsmodus befanden. Seitdem haben wir jedoch eine globale Konjunkturabschwächung und eine Rückkehr zu einer Lockerungspolitik erlebt. Über das derzeitige Rücktrittsdatum von Carney, den 31. Januar 2020, hinaus, ist es wahrscheinlich, dass das Monetary Policy Committee solide Beweise für eine Belebung von Investitionen und Wachstum sehen möchte, bevor es Einfluss auf die Zinsen nimmt. Insgesamt denken wir, dass die Bank of England eine Tendenz zu einer Zinserhöhung zeigen wird, sie aber 2020 noch nicht umsetzen wird.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Gilt-Kurve im Moment etwas flach. Das könnte sich im nächsten Jahr leicht korrigieren, indem die Rendite 10-jähriger Gilts bis zum Jahresende auf rund 1% steigt. Damit würde die Rendite hinter deutschen und US-Staatsanleihen zurückbleiben.

 

Veröffentlicht am: 11.12.2019

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