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Freitag, 29. März 2024
   
 

Unigestion-Marktanalyse — 2020

Weniger Carry bedeutet mehr Diversifizierung und Selektivität

(... von Olivier Marciot, Senior-Portfoliomanager im Cross-Asset-Team beim schweizerischen Vermögensverwalter Unigestion) 2019 neigt sich sanft dem Ende zu und wird wahrscheinlich als eines der besten Jahre des Jahrzehnts in Erinnerung bleiben, es sei denn, es findet noch eine Korrektur zum Jahresende statt.

Die meisten Anlageklassen sind seit Jahresbeginn stark im Aufwind mit Renditen, die weit über ihren langfristigen Durchschnittswerten liegen. Diese außergewöhnlichen Renditen folgen auf die negative Performance des Vorjahres und den schlimmsten Korrelationsschock seit 2008. Als das Wachstum nachließ und die Rezessionsängste wuchsen, haben die Zentralbanken den Kurs der Geldpolitik völlig umgekehrt.

Plötzlich wurde wieder eine unbegrenzte Liquidität gewährt. Anleihe-, Aktien- und Kreditmärkte wiesen hohe Gewinne auf, wodurch letztendlich die Bewertung stark anstieg. Die Stimmung am Markt ist gut, da keine starken Turbulenzen auftraten. Die Situation stellt sich wie folgt dar: Keine Rezession, kein harter Brexit und schließlich ein Phase-1-Deal zwischen den USA und China. Das Jahr 2020 rückt immer näher, und es ist an der Zeit, Renditeszenarien für 2020 zu erstellen, mit Carry als Ausgangspunkt. Wir sind noch nicht fertig ...

WHAT’S NEXT?

Die Frage der Rezession bleibt bestehen: Nach einer starken, schnellen Abschwächung zwischen Oktober 2018 und April 2019 hat sich die makroökonomische Dynamik in der Größenordnung des Potenzialwachstums stabilisiert und die gefürchteten Quartale mit negativem Wachstum wurden vermieden. Unsere firmeneigenen Nowcaster weisen auf kurze Sicht nach wie vor auf eine geringe Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Rückgangs hin. Im Detail betrachtet gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen Produktion, Dienstleistungen und Konsum sowie zwischen harten und weichen Daten (getrieben von den Erwartungen). Zwar belasteten die Handelsspannungen die Wachstumserwartungen, aber das BIP-Wachstum und die offiziellen Zukunftsprognosen gingen nur leicht zurück. Infolgedessen waren globale Zinssenkungen, die in erster Linie von der Fed getrieben wurden, proaktiv – eher eine vorbeugende Maßnahme als ein traditioneller Zinssenkungszyklus.

Die US-Wachstumsprognosen für 2020 liegen nun bei 1,8%, verglichen mit 1,9% vor einem Jahr. Weltweit ist das BIP-Wachstum Ende letzten Jahres um 0,5% niedriger als erwartet, und die Erwartungen für 2020 liegen weiterhin bei 3,1% gegenüber 3,3% vor einem Jahr. In Europa bestand zu Jahresbeginn die Gefahr einer Rezession. Das deutsche BIP ist im zweiten Quartal kurzzeitig unter 0% gefallen, aber die Eurozone insgesamt wird in diesem Jahr 1% erreichen, was ihrem langfristigen Potenzialwachstum entspricht.

Trotz des Misstrauens der Anleger gegenüber den Zentralbanken haben diese ihre Geldpolitik relativ schnell von einer Straffung zu einer Lockerung angepasst. Andererseits ist die Inflation in den Industrieländern weiter zurückgegangen, wobei die durchschnittliche Inflationsrate der G7-Länder weit unter dem Ziel der Zentralbanken von 2% gefallen ist. Dies ist ein positiver Faktor für Anlagen insgesamt, da es den Druck von den Schultern der politischen Entscheidungsträger nimmt.

Mit Blick auf die Zukunft bleibt unser Kernszenario für das nächste Jahr ein niedriges, aber positives Wirtschaftswachstum mit minimalen Risiko, von Inflation und Zentralbanken überrascht zu werden. Sie sollten zumindest für die erste Jahreshälfte im Hintergrund bleiben und die Auswirkungen der jüngsten Anpassungen auf die Realwirtschaft abschätzen.

Carry & Valuation: Weniger zu erwarten, aber noch kein Grund zur Panik

Carry ist der Ausgangspunkt aller Renditeerwartungen: Wie hoch ist die Rendite einer Anlage, wenn sich ihr Preis nicht ändert und wenn alles andere konstant bleibt? Mit anderen Worten, was ist die Vergütung für das Eingehen des Risikos, in eine Risikoprämie (eine Anlageklasse) investiert zu sein? Auf lange Sicht ist dies die stabilste Komponente der Performance und hat den Vorteil, zu jedem Zeitpunkt messbar zu sein, im Gegensatz zu erwarteten Renditen, die mit Ungewissheit behaftet sind.

Der Carry der wichtigsten Anlageklassen ging im Jahresverlauf zurück, insbesondere in denjenigen, in denen er eine wichtige Quelle für die Gesamtrendite darstellt: das Anleihe-Universum. Die Performance im Jahr 2019 ist herausragend, aber diese Renditen werden im Jahr 2020 nicht reproduzierbar sein. Zum 31.12.18 wurden Hochzins-Spreads in den USA mit 450 Basispunkten und in Europa mit 352 Basispunkten gehandelt. Im Jahresverlauf sind sie um 150 Basispunkte bzw. 130 Basispunkte gesunken und haben zum 12. Dezember 6,5% bzw. 4% an Kapitalgewinnen zusätzlich zum Ex-ante-Carry für Gesamtrenditen von 10% bzw. 7,5% hinzugefügt. Im Investment-Grade-Bereich lagen die Spreads (Carry) zu Jahresbeginn in den USA und in der EU bei 88 Basispunkten und verengten sich auf 46 Basispunkte. Die Gesamtrendite in diesem Jahr liegt bei 3,3%, was zum großen Teil auf die Spread-Komprimierung zurückzuführen ist. Nur für qualifizierte institutionelle Käufer und professionelle und institutionelle Anleger.

Mit Blick auf 2020 halten wir diese Renditen nicht für reproduzierbar. In den meisten Segmenten würde eine Einengung der Spreads, die nur halb so hoch ist wie in diesem Jahr, die Credit Spreads auf ein beispielloses Niveau senken: Im optimistischsten Fall – der einen stärkeren Makrokontext als derzeit erwartet erfordern würde – werden die Renditen positiv, aber viel geringer als 2019 ausfallen. Darüber hinaus deuten die aktuellen Werte auf eine hohe Wahrscheinlichkeit von Kapitalverlusten in den nächsten 12 Monaten hin. Die erwarteten Gesamtrenditen liegen im Median zwischen 0% und 3% bei High Yield und unter Null bis 1% bei Investment Grade.

Eine weitere wichtige Anlageklasse im Aufbau eines Portfolios in der Carry-Welt sind Staatsanleihen. Auch hier war die Performance im Jahr 2019 so herausragend wie unerwartet: Die globalen Staatsindizes stiegen um 7%, was durch die kombinierten Auswirkungen von Carry (Renditeniveau und Roll-down), bedeutenden Renditerückgängen und abflachenden Kurven begünstigt wurde. Die 10-Jahres-Renditen in den wichtigsten Industrieländern begannen das Jahr mit durchschnittlich 1,6% und liegen nun bei knapp 1%, nachdem sie kurzzeitig auf 0,7% gefallen waren. Die Preissteigerung war dreimal höher als der Carry und der gleiche Rückgang der Rendite im nächsten Jahr würde die langfristigen Zinsen weltweit auf nahezu unvorstellbare 0% bringen.

Die oben dargestellten makroökonomischen Bedingungen rechtfertigen ein niedriges Renditeniveau für längere Zeit und Investoren werden weiterhin große Teile ihrer Vermögensallokation zwangsläufig der Duration zuweisen. Die Bewertung dieser Anlageklasse gehört jedoch zu der höchsten unter den Risikoprämien, da die Realrenditen in (sehr) negativen Bereichen liegen und von den Fundamentaldaten abgekoppelt sind. Die Erwartungen für 2020 sind viel niedriger, und die meisten optimistischen Prognosen deuten auf eine Performance von 2% bis 3% im nächsten Jahr hin, weniger als die Hälfte dieses Jahres.

Weniger bedeutet jedoch nicht negativ, und carry-benachteiligte Anleger werden die Nachfrage aufrechterhalten, während Zentralbanken mit sehr lockerer Geldpolitik die Liquidität fließen lassen und diese Anlageklassen unterstützen. Es ist daher zu früh, dem ein Ende zu setzen, aber es ist an der Zeit, die Allokation an diese Realität anzupassen. Die extremen Risiken haben abgenommen, aber die Beta-Party könnte vorbei sein.

Allokation: Selektiver, diversifizierter und dynamischer

Wie bereits erläutert, ist von Carry und Beta auf globaler Ebene weniger zu erwarten. Es wird wichtiger, selektiv vorzugehen und wir glauben, dass die Nachzügler dieses Jahres eine wichtige Rolle bei der Erzielung positiver Renditen im Jahr 2020 spielen könnten. Die geopolitische Stimmung hat gerade einen weiteren Schub erhalten, als der Phase-1-Deal zwischen den USA und China endgültig unterzeichnet wurde. Dies ist ein sehr bedeutsamer Fortschritt, der sich positiv auf die Sektoren auswirken wird, die den größten Teil dieses Jahres aus der Mode gekommen sind. Auch die Diversifizierung wird eine viel wichtigere Rolle spielen als in diesem Jahr, wobei andere Renditequellen ins Spiel kommen, um den Carry-Rückgang auszugleichen.

Zu Beginn des Jahres bevorzugen wir nach wie vor wachstumsorientierte Anlagen und insbesondere Aktien aus günstigeren Regionen (Schwellenländern, Europa und Japan), die aufgrund des nachlassenden politischen Gegenwinds profitieren könnten. Wir bevorzugen auch eine Diversifizierung der Carry- Strategien in den Bereichen FX, Credit und Volatility. Umgekehrt halten wir uns von Sachwerten und Staatsanleihen fern, welche durch die mangelnde Inflation und das Risiko eines makroökonomischen Aufschwungs bestraft werden könnten.

Seien wir im Jahr 2020 selektiv und agil genug, um eine potentielle, rasche Umkehrung der Marktstimmung entgegen zu kommen.

 

Veröffentlicht am: 18.12.2019

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