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Donnerstag, 18. April 2024
   
 

UniCredit Bank Austria Branchenbericht: Lebensmittelpreisanstieg 2022 nähert sich Rekordwerten

Ukrainekrieg gefährdet die Lebensmittelversorgung in Österreich kaum

Mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs haben sich nicht nur die Energiekosten vervielfacht. Auch die Kosten für Lebensmittel sind von einem stetigen Anstieg geprägt und erreichen derzeit neue Höchststände.

Bereits im Jänner 2022 hat der drohende Lieferausfall vor allem von Getreide und Ölsaaten aus der Region einen massiven Preisschub ausgelöst und Getreide im heimischen Großhandel im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um rund 53 Prozent verteuert. Derzeit ist kein Ende des Preisanstiegs in Sicht: Ende März notierte Qualitätsweizen in Wien bereits über 400 Euro pro Tonne, womit sich der Preis gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt hat.

„Mit den höheren Preisen für Energie und Agrarrohstoffe haben sich auch Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und Saatgut massiv verteuert und die Produktionskosten anderer Lebensmittel sind gestiegen. Beispielsweise lagen Ende März die Preise für Schlachtschweine in Österreich um 23 Prozent und für Schlachtkühe um 46 Prozent über dem Vorjahresniveau“, sagt Günter Wolf, Ökonom in der UniCredit Bank Austria. Damit hat sich der Kostendruck nicht nur auf die Fleischverarbeitungsbetriebe verstärkt. Die Verarbeiter werden versuchen, ihre höheren Rohstoffkosten weiterzugeben und damit die Konsumentenpreise weiter antreiben.

Verteuerung der Lebensmittel hat die Supermärkte bereits erreicht


Schon im Jänner und Februar 2022 sind Lebensmittel um 4,5 Prozent teurer geworden. Die Preissteigerung bedeutet für den österreichischen Durchschnittshaushalt, der laut Konsumerhebung 2020 351 Euro  pro Monat für den Lebensmitteleinkauf ausgibt, eine Mehrbelastung von 16 Euro pro Monat. Der Preisanstieg nähert sich 2022 dem Rekordniveau von 6,7 Prozent aus dem Jahr 2008, als die Verbraucherpreise europaweit aufgrund der stark gestiegenen Lebensmittelnachfrage am Weltmarkt, des höheren Verbrauchs von Agrarrohstoffen für die Produktion von Biotreibstoffen und durch Missernten angetrieben worden sind.

Auf Produktebene sind in den ersten zwei Monaten Brot und Getreideerzeugnisse mit durchschnittlich 5,8 Prozent, Gemüse mit 7,7 Prozent und Süßwaren mit 5,2 Prozent überdurchschnittlich teurer geworden. Der Preisanstieg bei Fleisch und Fleischwaren ist mit 3,9 Prozent und Molkereiprodukten mit 2,8 Prozent noch unter dem Durchschnitt geblieben.

Die Verteuerung der Lebensmittel belastet besonders einkommensschwache Haushalte. Während ein österreichischer Durchschnittshaushalt für den Kauf von Lebensmitteln rund 11 Prozent seines Konsumbudgets verwendet, sind es bei Haushalten im niedrigsten Einkommensfünftel fast 16 Prozent. Noch deutlicher wird die Belastung einkommensschwacher Haushalte durch steigende Lebensmittelpreise, wenn man die Preisentwicklung dem Anteil der Haushalte gegenüberstellt, die nicht über die finanzielle Möglichkeit verfügen, um sich eine „für die meisten Menschen wünschenswerte“ Mahlzeit leisten zu können (ein Aspekt der materiellen Deprivation, der im Rahmen der EU-Erhebungen zu den Lebensbedingungen der Bevölkerung dargestellt wird). Zu diesem Segment zählten 2020, dem letzten Erhebungsjahr, 4 Prozent aller Haushalte aber 11 Prozent der armutsgefährdeten Haushalte in Österreich (das sind Haushalte mit weniger als 60 Prozent  vom mittleren Einkommen).

Ukrainekrieg gefährdet die Lebensmittelversorgung in Österreich kaum


Auch wenn Nahrungsmittel von den Wirtschaftssanktionen ausgenommen sind, ist in diesem Jahr  mit deutlich weniger Exporten aus Russland und vermutlich einem vollständigen Ausfall der Exporte aus der Ukraine zu rechnen. Österreich bezieht aus beiden Ländern keine nennenswerten Mengen an Agrarprodukten. In Summe waren es 2021 Waren im Wert von 71 Millionen Euro, davon aus der Ukraine (verarbeitetes) Obst und Gemüse um 53 Millionen Euro. Die Bedeutung beider Länder als Abnehmer heimischer Lebensmittel ist ebenfalls gering: Im Vorjahr wurden Produkte im Wert von 169 Millionen Euro nach Russland und Lebensmittel im Wert von 56 Millionen Euro in die Ukraine geliefert. Insgesamt entspricht dies 2,3 Prozent der gesamten Lebensmittelexporte aus Österreich. Ein Teil der Exporte wird 2022 auf jeden Fall wegfallen. Zudem sind die Tochterfirmen und Joint Ventures österreichischer Unternehmen in beiden Ländern gefährdet.

Bei einzelnen Agrarprodukten wird es zu erheblichen Importausfällen kommen. Beispielsweise werden in Russland und der Ukraine mehr als die Hälfte der weltweiten Sonnenblumenkerne und rund ein Viertel des Weizens und der Gerste geerntet. Der Konflikt bedroht zwar keinesfalls die Ernährungssicherheit in Österreich, belastet allerdings die Lebensmittelverarbeiter in Österreich über die stark gestiegenen Agrarprodukt- und Brennstoffpreise und treibt letztendlich die Verbraucherpreise für Lebensmittel an.

2021 verbuchte die Lebensmittelerzeugung ein überdurchschnittlich hohes Umsatzwachstum von 6 Prozent

In den zwei pandemiebedingten Ausnahmejahren 2020 und 2021 war die Lebensmittelerzeugung vor allem im Inland mit massiven Nachfrageeinbußen konfrontiert. 2020 ist der Lebensmittelkonsum in Österreich preisbereinigt um 11 Prozent gesunken und hat sich 2021 nochmals leicht verringert.

Dennoch konnte die Lebensmittelproduktion 2021 an Schwung gewinnen. Mit einem Produktionsplus von 2,4 Prozent wurde das Minus aus 2020 von 3,4 Prozent zwar nicht ganz ausgeglichen. Allerdings sorgten kräftige Erzeugerpreiszuwächse für ein Umsatzwachstum von 6 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro. Davon entfielen 12,1 Milliarden Euro auf den Inlandsumsatz. Den größten Wachstumsbeitrag lieferten 2021 die Auslandsumsätze der Nahrungsmittelerzeugung, die um 9 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro zugelegt haben.

Die Konjunkturaussichten der Lebensmittelerzeugung für 2022 haben sich verschlechtert

Die Lebensmittelerzeugung konnte den Schwung vom vierten Quartal 2021 ins laufende Jahr mitnehmen. Im Jänner und Februar haben sich sowohl das Produktions- und Umsatzwachstum auf durchschnittlich 10 Prozent bzw. 18 Prozent, als auch das Beschäftigungswachstum in der Branche auf 4 Prozent noch beschleunigt. Mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs sind allerdings die ursprünglich sehr optimistischen Produktionserwartungen für 2022 abgekühlt und kündigen eine deutliche Wachstumsverlangsamung in der Lebensmittelerzeugung an.

In Summe sind die Aussichten der Lebensmittelerzeugung 2022 von hoher Unsicherheit geprägt. Aufgrund der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen und den Rohstoffpreisen sind die aktuellen Lebensmittelpreise auf Rekordniveau. Zudem würde ein Ausfall russischer Gaslieferungen die Nahrungs- und Genussmittelproduktion in Österreich erheblich behindern. Die Branche deckt rund 55 Prozent des Energieverbrauchs mit Erdgas ab (und ist damit der fünftgrößte Gasverbraucher im Produktionssektor). Welche Auswirkungen der weitere Verlauf der Pandemie und des Kriegs noch haben, lässt sich derzeit kaum vorhersagen.

Kurzfristig signalisieren wichtige Nachfrageindikatoren auf jeden Fall eine Abkühlung der Lebensmittelnachfrage in Österreich. „Die real verfügbaren Haushaltseinkommen werden 2022 voraussichtlich das dritte Jahr in Folge sinken und damit auch die Konsumnachfrage dämpfen. Ende März ist die Konsumentenstimmung in Österreich wie im Euroraum auf ein ähnlich tiefes Niveau wie zuletzt in der Wirtschaftskrise 2008-2009 gesunken“, sagt Wolf. Vor allem rechnet ein hoher Anteil der Konsumenten damit, dass sich ihre finanzielle Situation in den nächsten 12 Monaten verschlechtert.

 

Veröffentlicht am: 21.04.2022

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