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Freitag, 19. April 2024
   
 

„Nichts gehört dem Menschen für immer“

... meint Alexis Bienvenu, Fondsmanager bei LFDE - La Financière de l’Échiquier

„Und wenn er sein Glück umklammern will, zermalmt er es“, schrieb Louis Aragon. Die Verse des kommunistischen Dichters beschreiben – möglicherweise zu seiner Bestürzung – gut die aktuelle Stimmung der Anleger, auch wenn sie Glück nicht mit Aktienkursen verwechseln.

Denn 24 Stunden nachdem der US-amerikanische Aktienindex NASDAQ 100 den höchsten Stand seiner Geschichte erreichte und der S&P 500 die seit Jahresbeginn verzeichneten Verluste komplett wettgemacht hatte, kam es bei den großen Aktienindizes am 11. Juni zur schlechtesten Wertentwicklung seit dem Einbruch im März dieses Jahres. Sie fielen in den einzelnen Bereichen um drei bis sechs Prozent. Allerdings waren dem keine bedeutenden Nachrichten aus der Wirtschaft vorausgegangen. Was war also der Grund für die Kursverluste?

Die Hauptursache bestand darin, dass sich das Coronavirus in den USA wieder stärker verbreitete. Die jüngsten Daten aus einem Dutzend durchaus wirtschaftlich bedeutsamer US-Bundesstaaten (wie z. B. Texas und Kalifornien) belegen einen erneuten Anstieg der Infektionszahlen. Die Hoffnung auf eine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ohne die Gefahr eines gleichzeitigen Wiederauflebens der Epidemie schwindet daher. Die Anleger sollten sich darauf einstellen: Es wird wohl noch öfter vorkommen, dass sich Abflauen und Wiederaufleben der Epidemie abwechseln und dass auf die Hoffnung Enttäuschung folgt.

Eine weitere Ursache für die Angst der Anleger war der besorgte Tonfall des Präsidenten der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, auf der Pressekonferenz am Mittwoch, dem 10. Juni, nach der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses. Powell betonte die Wahrscheinlichkeit langfristig negativer Auswirkungen der aktuellen Krise auf den Arbeitsmarkt und die Einkommensungleichheit. Eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung der Vorkrisenzeit werde voraussichtlich Jahre dauern. Dies steht kaum mit einer V-förmigen Erholung der Aktienkurse im Einklang. Der Markt hätte sich mit diesen Äußerungen arrangiert, wenn sie von neuen Maßnahmen flankiert gewesen wären. Da diese jedoch ausblieben, erhielt der Markt für risikoreichere Anlagen trotz beruhigender Worte über die Fortsetzung der Nullzinspolitik und die Bekräftigung der Bereitschaft zu neuen geldpolitischen Hilfsmaßnahmen keinen Auftrieb. Für Staatsanleihen war es entsprechend ein guter Tag.

Weltweit bleibt die Lage zudem angespannt: US-Präsident Donald Trump droht weiterhin allen internationalen Institutionen – zuletzt nun auch dem Internationalen Gerichtshof. Der Brexit tritt ebenso wie das europäische Aufbauprogramm auf der Stelle, und die Corona-Pandemie verbreitet sich weiter in Brasilien, erzürnt seinen Präsidenten und spaltet die öffentliche Meinung.

Ist dies ein Grund, die in den letzten Wochen erlebte, beeindruckende Börsenrally infrage zu stellen? Vermutlich nicht - wenn weitere Katastrophen ausbleiben. Die Zentralbanken und Staaten sind weiterhin fest entschlossen, die Finanzierungsbedingungen zu stützen, und der Markt verlässt sich eher auf sie als auf die Fundamentaldaten. Die Fed hat den Staatsanleihenmarkt über die gesamte Zinsstrukturkurve hinweg fest im Griff, es gibt kaum noch Luft nach oben. Auch der Markt für Unternehmensanleihen wird vollständig von der Fed gesteuert.

Dies stützt mittelbar die Aktienkurse


und ist es nicht die für den Anleger beste aller vorstellbaren Welten? Risiko besteht nur scheinbar, es wird aber vergütet, als ob es echt wäre – zumindest so lange, wie die Maßnahmen der Zentralbanken glaubwürdig bleiben. Sollte dies eines Tages nicht mehr der Fall sein, beispielsweise aufgrund einer – derzeit unwahrscheinlichen – Inflation, wäre die Liebesgeschichte zwischen den Zentralbanken und dem Finanzmarkt beendet. An dieser Stelle weist uns der Dichter erneut den Weg: Auch mit den Präsidenten und Präsidentinnen von Zentralbanken „gibt es keine glückliche Liebe“.

 

Veröffentlicht am: 16.06.2020

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